Sonntag, 30. Juni 2019

Grebbestad - Oslo


Dienstag, 25. Juni 2019   Grebbestad – Kostersundet



Heute gibt es so den richtigen Wind, um in Ruhe und trotzdem einigermaßen Fahrt im Schiff das Segeln um und zwischen den Schären, Inselchen und Felsbrocken zu genießen. Das erste Stück ist einfaches Dahersegeln mit reichlich Platz. Vor dem Havstesundet wird es allerdings immer enger und der Wind macht die übliche Mittagspause. Durch den Sund ist sowieso Motoren angesagt, da der Wind dem Sundverlauf folgend genau von vorn kommt. An der engsten Stelle ragen die Felsen auf beiden Seiten recht steil auf. Auf der Steuerbordseite markiert nachts ein Leuchtturm mit seinen verschiedenen Sektoren die freie Durchfahrt. Damit man ihn auch tagsüber gut erkennt, ist nicht nur der Leuchtturm weiß gestrichen, sondern der umgebende Felsen auch noch mal, zusätzlich mit einem schwarzen Rand versehen. Am Ende des Sundes weitet sich das Fahrwasser zwar etwas, aber erst nachdem man Resö und die Inseln Stora Snart und Bissen passiert hat, kann es unter Segeln Richtung Kosterinseln weitergehen. Es ist zwar eine Kreuz, aber die macht sogar richtig Spaß. Relativ glattes Wasser, Wassertiefen durchweg über 100 m, der Wind reicht durchweg für 5 – 5,5 kn. Doch was ist das? Nur noch 4,70 m Wassertiefe? Hier sollten es doch laut Karte min. 80 m sein, mal abgesehen von einer flachen Stelle mit 2,40 m, die aber weiter südlich liegen müsste. Sicherheitshalber instinktmäßig erst mal genau auf Gegenkurs und beiliegen – da war ja nichts. Nochmalige Kontrolle der Position und dann geht mir auch ein Licht auf: das Echolot hat bei größeren Wassertiefen häufig das Problem, dass es sich selbst nicht glaubt und vorsichtshalber noch mal „von vorne anfängt zu zählen“. Deshalb die 4,7 m! Also weiterfahren! An Steuerbord passiert eine große X, sicherlich über 40 Fuß, namens Xenia – aber unter Motor?! Muss man nicht verstehen. Nach ein paar Kreuzschlägen kann ich abfallen und in den Sund zwischen Nord- und Südkoster einbiegen. Wohin aber jetzt? Nach Ekenäs oder Klostersundet? Ich entschließe mich für letzteres, segle aber trotzdem einmal den kompletten Sund runter. Dort ist auch ausreichend Platz, die Segel zu bergen und in Ruhe aufzutuchen. In Klostersundet finde ich einen Platz als 3. Boot im Päckchen neben einem dänischen Schiff aus Bogense – die sind gleich mit 3 Booten hier – und innenliegend einer relativ neuen Linjett 34. Schönes Schiff!

Beim Gang zum Hamnkontor werde ich von Skipper der „Xenia“, einer X 442 angesprochen: „Hast schön gesegelt, sah richtig toll aus!“ Auf die Frage, warum sie denn nicht auch gesegelt sind, kriege ich zur Antwort, dass die Hälfte der aus vier Männern bestehenden Besatzung am Pennen war und außer dem Skipper keiner Bock hatte, das Großsegel auszupacken und zu setzen!

Buntes Sammelsurium in Kostersundet




Mittwoch, 26. Juni 2019   Klostersundet – Östre Bolaerne



Nach dem Frühstück und Aufklaren der Pantry gibt es erst mal einen Spaziergang Richtung Lotsenbeobachtungsstation und den beiden Leuchttürmen. Nach dem Regen am Morgen ist alles feucht und bei der jetzt aufkommenden Sonne entwickelt sich eine saunaartige Luft. Der Weg führt durch den Wald, bestehend aus Kiefern, Eichen, Eschen und Birken, dazwischen hier und da auch mal ein Wacholderbusch. Auf einer Wiese steht eine „Maistang“, die statt der üblichen einzelnen Querstange und zwei Kränzen eine zweite Querstange und zwei zusätzliche Kränze aufweist. Daneben liegt ein inzwischen verwelkter Blumenkranz, den in Schweden zu Midsommarafton fast alle tragen.

Leuchtturm auf Nordkoster
Lotsenbeobachtungsstation auf Nordkoster


Vom Leuchtturm hat man eine phantastische Aussicht auf die Inselwelt und den Sund. Mit einem Pärchen, das sich von gemeinsam vor dem Leuchtturm ablichten lässt, erfahre ich im Gespräch, dass sie mit dem Wohnmobil unterwegs sind und von hier an auf dem Rückweg sind, da sie das Ding zu einem bestimmten Termin in der Nähe von Unna abgeben müssen. „Ach“, sage ich, „in der Nähe von Unna wohnen auch Freunde von mir, in Fröndenberg.“ „Ja, genau da müssen wir das WoMo abgeben, dort bin in zur Schule gegangen!“ Die Welt ist klein, und natürlich sagt ihm der Name Andreas Hennemann, der in Dellwig ja bekannt ist wie ein bunter Hund, auch etwas!

Inzwischen ist auch der Wind erwacht, wenn auch noch etwaw müde Trotzdem – ich will weiter! Es ist zwar NNW, aber Gott sei Dank muss ich ja Richtung Norden, also da geht hoch am Wind sicherlich was. Zwischendurch schwächelt er zwar mal wieder, aber ich will ihn auch nicht gleich gänzlich mit dem Yanmar Zeit vertreiben. Meine Geduld wird belohnt, und nach einer geschätzten halben Stunde kommt er zurück und dreht zudem entgegenkommenderweise weiter westlich bis südwestlich, do dass ich sogar den Leuchtturm Tristenene fast anliegen kann. Ein kleiner Holeschlag, den ich aber nur zur Sicherheit mache, lässt das Leuchtfeuer gut an Steuerborg liegen. Dort liegen auch die ganze Zeit schon interessant aussehende Inseln und Inselchen, aber jetzt reizt der Oslofjord zu sehr, um mich davon noch einmal aufhalten zu lassen.

Ja, es war schon eine interessante, faszinierende und in navigatorischer Hinsicht ab und an auch herausfordernde Inselwelt im Bohuslän, von der ich sicherlich nur gerade mal die Oberfläche angekratzt habe. Aber hier könnte man ja auch vermutlich jahrelang segeln, ohne eine einzige Insel bzw. Schäre ein zweites Mal ansteuern zu müssen.

Zeit für den Wechsel der Gastlandflagge


Kurz hinter Tristenene kann ich ein wenig Schrick in die Schoten geben und erfreue ich, wie Motivatie bei gleichzeitig leicht zunehmendem Wind gute 6,5 kn Fahrt durchs Wasser macht. Leichter Gegenstrom reduziert leider unsere Geschwindigkeit über Grund. Die ersten Inseln im Oslofjord bleiben an Steuerbord: Söndre Söster, Nordre Söster und Struten mit seinem Leuchtturm scheinen jeden Neuankömmling zu begrüßen. Es ist jetzt total entspanntes Segeln, tiefes Wasser, guter Wind und erst mal keine Hindernisse. Wenn es so weiterginge, möchte man am liebsten bis Oslo durchsegeln. Aber das sind noch über 50 Meilen.

Ankunft im Oslofjord - Struten mit seinem markanten Leuchtturm und Nebengebäuden


An backbord kommt gleich die kleine Inselgruppe mit Östre, Mellem und Vestre Bolaerne. Ich folge Emalocas Spuren und segle bis kurz vor Östre Bolaerne, um dort die Nacht zu verbringen. Emaloca heißt das Schiff von Gerd und Anke, die ich auf Anholt kennen gelernt hatte und die mir diesen Tipp gegeben hatten.

Nach 32 Meilen – seit längerem mal wieder eine gescheite Etappe – sind die Leinen fest; diesmal die Komfortlösung mit Seitensteg.





Donnerstag, 27 Juni 2019   Östre Bolaerne – Moss



Die Insel war früher militärisches Sperrgebiet und wurde Mitte der siebziger Jahre als Festungsinsel ausgebaut. Diverse Bunker, Geschütztürme und Beobachtungsposten sind museumsmäßig hergerichtet und wer möchte, kann auch eine geführte Besichtigungstour unternehmen. Zufällig komme ich mit einem Mann ins Gespräch, der mit seiner Frau und seinen Enkelkindern unterwegs ist. Er hat selbst vor 40 Jahren seinen Militärdienst auf dieser Insel absolviert und könnte mit Sicherheit einiges erzählen. Wir sind uns jedoch beide insoweit einig, dass wir froh und dankbar sein dürfen, dass derartige Einrichtungen in den letzten mehr als 70 Jahren nur der Abschreckung gedient haben und alle hoffen, dass die Donalds, Vladimirs und Kims nicht erneut eine Situation heraufbeschwören, die derartige Dinge wieder notwendig macht.

Der Hafen von Östre Bolaerne


Geschützturm der ehemaligen Befestigung - heute nur noch museales Ausstellungsstück

Die Weiterfahrt in den Oslofjord gestaltet sich heute etwas schwierig. Der anfänglich halbwegs passable Wind aus NE dreht recht bald auf N-NW und nimmt dann auch noch ab. Letztlich muss dann doch wieder der japanische Wind namens Yanmar ran und es soll nach Moss gehen. Das Hafenhandbuch weist den Hafenkanal als Gästehafen aus. Dort liegt kein einziges Boot und das Fährterminal für die Fähre nach Horten auf der gegenüberliegenden Seite ist nur 50 m entfernt.

Ich will dann doch mal versuchen, im Vereinshafen, den ich bei der Einfahrt an der Backbordseite gesehen hatte, einen Platz zu bekommen, was sich dann auch als völlig problemlos herausstellt. Problematischer ist dann schon die Entrichtung der Hafengebühr: hier ist Cash noch King. Also heißt es dann erst mal einen Gang in den Ort anzutreten. Bei der DNB (Den Norske Bank) bekomme ich am Automaten entsprechend bares. Gerade noch rechtzeitig kam mir der Gedanke, am besten NOK 1.200,00 abzuheben, damit ich dann wenigstens passende Scheine hatte, um die Hafengebühr von 200,00 Kronen per Briefumschlag in den Kasten werfen zu können.

Meine Nachbarn, ein älteres norwegisches Ehepaar, verfolgen gespannt das Finale der Frauenfußball-WM: Norwegen gegen England, was dann leider Norwegen verliert. Ist nicht so schlimm, meine ich, Deutschland hat das Finale erst gar nicht erreicht! Von den beiden erfahre ich, dass sie Düsseldorf sehr gut kennen, weil ihr Schwiegersohn 10 Jahre als Profi-Eishockeyspieler bei der DEG gespielt hat und ihre Tochter dort studiert hat und demzufolge fließend Deutsch spricht. Immer wieder interessant, wie klein die Welt doch manchmal ist.





Freitag, 28. Juni 2019



Heute soll es nach Oslo gehen! Wind: null. Ich stelle mich schon mal auf eine Motortour mit ca. 35 sm ein und lasse – ganz entgegen der sonstigen Gewohnheit – auch die Persenninge drauf. Ich bin noch nicht ganz draußen und stelle fest: es gibt doch Wind! Also runter mit dem blauen Tuch, Segel hoch. Und siehe da: es reicht4 für knapp 5 kn! Nicht ganz unerwartet lässt es dann später wieder nach, aber nur vorübergehend. Während der Passage unter Motor kommt eine Comfortina 39 aus Deutschland langsam auf und kommt auf ca. 3 m ran. Ob ich auch nach Oslo will und wenn ja, in welchen Hafen. Ich hatte gerade vorher telefonisch beim Frognerkilen Batforening 1860 einen Liegeplatz reserviert, was sehr ratsam ist, und diesen Tipp einschl. Telefonnummer weitergegeben.

Kurze Zeit später kehrt auch der Wind zurück. Diesmal aus Süd, also genau von achtern. Probeweise geht das Großsegel hoch. Tatsächlich, es reicht, um vorwärts zu kommen. Die Fock folgt und wird an Backbord ausgebaumt. Der Gedanke, den Blister als Spinnaker zu fahren, verwerfe ich schnell wieder, weil es spätestens bei Dröbak sehr eng wird und dann ist man mit der Fock doch etwas besser manövrierfähig. Und es reicht auch so für bis zu 5,5 kn! Auf der Comfortina voraus wird der Spinnaker gesetzt. Das AIS verrät mir aber, dass sie auch nicht viel schneller sind. Außerdem habe ich so mehr Muße, die Fahrt in den Fjord zu genießen. Dröbak mit seiner interessanten Bebauung wird schnell passiert. Immer wieder sind an den Hängen wirklich tolle Häuser, teils villenartig, mal altertümlich, mal modern, zu betrachten. Ja, die Norweger scheinen teils doch über beträchtliches Vermögen zu verfügen!

Dröbak im Oslofjord


Schnell habe ich sich vor Oslo öffnende weite Bucht erreicht. Hier nimmt der Bootsverkehr natürlich noch mehr zu. Es ist ein ziemliches Gekabbel, was die vielen Motorboot, Fähren und sonstigen Schiffe verursachen. Die Fock geht kurz dem Leuchtturm, der auf der Miniinsel Dyna steht, runter. Das Großsegel bleibt aber oben. Im Frognerkilen ist mehr als ausreichend Platz und deutlich ruhigeres Wasser, um das Großsegel runterzunehmen und die Fender und Leinen anzubringen.

Mein zugewiesener Platz ist Nr. 42 an Brücke 2. Aber welche Seite? Vor der Brücke liegt einer mit einem Schlauchboot. In der Annahme, es ist der Hafenmeister, frage ich mal, auf welcher Seite die denn ist. Er zuckt die Achseln, fährt aber los, um mal nachzuschauen und winkt mir zu und zeigt auf die freie Box. Da die Boxengasse recht eng ist, fahre ich rückwärts rein, um dann vorwärts gegen den Wind in die Box eindrehen zu können. Fertig – Leinen fest!

Frognerkilen Batförening 1860 - mein Liegeplatz für die Zeit in Oslo


Das Navi würde jetzt sagen: Sie haben Ihr Ziel erreicht!

Nach dem Bezahlen der Hafengebühr gibt es erst mal ein Anlegerbier und dann schauen wir weiter.

Bis Oslo sind jetzt lt. Logge 600,6 sm zurückgelegt, davon seit Kopenhagen 425,3 sm.

Es war schon ein erhebendes Gefühl, einmal auf eigenem Kiel in den Oslofjord einzufahren. Und auch der ganze Törn hat sehr viel Spaß gemacht. Ja, es war manchmal anstrengend, so konzentriert zu segeln, insbesondere in den Schärenfahrwassern, wo ich permanent die Seekarte im Blick, wenn nicht sogar in der Hand hatte, um Karte und Realität miteinander abzugleichen. Der Blick auf die GPS-Koordinaten oder manchmal auch aufs iPad mit der Navionics-Software war dann zusätzlich häufig sehr hilfreich!

Weitere Berichte und Bilder des bisherigen Törns werden im neuen Blog "motivatie2norway.segelnblogs.de""
zu finden sein

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