Freitag, 14. Juni 2019

Von Anholt bis Gottskär



Freitag, 7. Juni 2019 bis Sonntag, 9. Juni 2019


Hafen von Anholt

Motivatie mittendrin


Morgens regnet es erst mal, also kein Grund, zeitig aufzustehen. Nach dem Frühstück erkunde ich erst mal die nähere Umgebung des Hafens und leihe mir ein Fahrrad für die nächsten 24 Stunden. Das Dorf ist doch gute 3 km vom Hafen entfernt und wenn man ein wenig mehr von der Insel sehen möchte, deren Umfang immerhin 26 km beträgt, ist man eh auf eine Drahtesel angewiesen. Die Tour zum Köbmand in den Ort ist erst mal vergeblich, weil man dort noch eine anständige Mittagspause von 12 bis 14 Uhr macht. Der Ort, der immerhin 218 Einwohner zählt, ist urig. Es gibt eine kleine Inselkirche, ein schnuckeliges Bed &  Breakfast namens Tanternes Hus, ein Museum und nur unbefestigte Wege. Der Weg führt weiter in den Süden der Insel und ich folge dem zum 39 m hohen Sönderbjerg ausgeschilderten Weg. Zwischendurch gibt es mal einen steilen Anstieg, bei dem sogar das Fahrradschieben anstrengend ist. Danach geht es dann aber moderat weiter bis zu einer Stelle, wo nur noch ein Trampelpfad weiter auf den Gipfel führt. Von dort oben hat man eine herrliche Aussicht über das gesamte Ostende der Insel und den Südstrand und natürlich die Ostsee. Der gesamte flache Osten wird in der Anholtkarte, die es im Hafenbüro gab, als Örkenen, zu deutsch Wüste, bezeichnet. Die Vegetation besteht weitestgehend aus Flechten, Moosen, Besenheide, niedrigen Wacholderbüschen, Ginster und kleinen weißen und violetten Blümchen. Ab und zu eine vom Wind flachgedrückte Krüppelkiefer und natürlich jede Menge Sand. Die Küste ist gesäumt von Dünen, der Strand teilweise steinig. 

Aussicht vom Sönderbjerg


Die Insel erinnert vom Charakter her einerseits ein wenig an Vlieland mit seiner Dünenlandschaft und ausgedehnten Stränden, andererseits aber auch an Saarema mit seinen Wacholderbüschen, Krüppelkiefern und Birken.

Später am Nachmittag erkunde ich auch noch den noch 10 m höheren Nordbjerg und folge einem Trampelpfad, der einmal fast um den Berg herum führt. Der Blick auf den Nordstrand, der sich bis an das östliche Ende mit seinem Leuchtturm zieht, ist schon einmalig. Ohne den Tipp des freundlichen Seglerpaares, mit denen ich auf dem Sönderbjerg geklönt hatte, wäre mir dieser Weg bestimmt verborgen geblieben.

Reste einer üppigen Möwemahlzeit


Da es noch recht früh am Nachmittag ist, setze ich den Weg fort und folge dem Vesterstrandsvejen. Am Fuße einer höheren Düne setze ich das Fahrrad ab. Der Blick von der Düne über den menschenleeren Strand, das klare Wasser und die sommerlichen Temperaturen fordern förmlich zur Eröffnung der Badesaison heraus. Ich bin überrascht, dass das Wasser doch nicht soooo kalt ist wie erwartet. Nach ein paar Mal eintauchen und einigen Schwimmzügen reicht es mir dann allerdings doch schon. So früh im Jahr habe ich die Ostsee noch nicht für ein Bad genutzt.

Auf dem Weg zum Südstrand passiert man einen vergleichsweise ausgedehnten Kiefernwald und entdeckt erstaunlicherweise immer wieder mal Sommerhäuser, die z.Zt. zwar nicht bewohnt erscheinen, aber größtenteils in einem guten Unterhaltungszustand sind. Allerdings hat auch hier der heiße Sommer 2018 und der ausgebliebene Regen seine Spuren hinterlassen. Viele der Krüppelkiefern sind einfach vertrocknet und liegen teilweise schon gefällt zum Abtransport bzw. zur weiteren Verwendung als Feuerholz bereit. 
Nur eines und dazu ein recht bescheidenes Exemplar von Sommerhaus



Örken - zu deutsch Wüste 

und hier noch mal vom Gipfel des Sönderbjergs


Morgens werde ich von Gerd, der bereits bei meiner Ankunft meine Vorleinen  ngenommen hat und mit dem ich mit seiner Frau Anke bereits auf dem Südberg ins Gespräch gekommen war, gefragt, ob ich Jumfruhummaren kenne und mag. Kennen tun ich ihn nicht, mögen bestimmt. Jumfruhummaren, erklärt mir Gerd, ist ein Minihummer, ähnlich den Langostinos, der allerdings aufgrund der besonderen Wasserqualität rund um Anholt und Läsö gedeiht – und natürlich auch gefangen wird. Er hat beim Fischer eine ordentliche Portion ergattert und prompt werde ich für den Abend zum Jumfruhummaren eingeladen.

Gerd hat den Hummer perfekt zubereitet in einem Sud mit Wurzelgemüse, dazu gibt es Schwenkkartoffeln und Salat. Der essbare Teil ist ca. 5 cm lang und ist ausgesprochen zart und sehr lecker. Der Rest ist leider Abfall! Der erwartete Eiweißschock tritt zwar nicht ein, aber trotzdem kann es ja nicht verkehrt sein, mal prophylaktisch ein Gläschen Anholt-Gin, den ich nachmittags beim „GinTasting“ im Café Dörken ergattert habe, nachzuschütten. Und lecker ist er auch noch. Es ist ein schöner Abend und ich bin den beiden sehr dankbar, dass sie mich eingeladen haben und ich diese tolle Erfahrung machen durfte.

Im Laufe des Abends brist es ankündigungsgemäß mächtig auf. Böen bis 20 m/s sind keine Seltenheit. Das scheint ja eine unruhige Nacht zu werden. Die Heckbojen machen aber einen soliden Eindruck und so gehe ich beruhigt in die Koje.

Am nächsten Morgen geht es zunächst unvermindert weiter. Das Schiff ist salz- und vom direkt nebenan gelegenen Strand auch sandverkrustet. Auf dem Weg vom Sanitärgebäude zum Steg muss man die Augen vor dem vom Stand herüberwehenden Sand schützen.

Im Laufe des Mittags lässt es aber nach und einige Boote verlassen den Hafen. Ich bin mir unschlüssig, ob ich nicht auch den Schlag zur schwedischen Küste machen soll. Aber draußen ist es immer noch unruhig, und irgendwann ist es dann auch zu spät, um noch zu halbwegs normaler Zeit in Varberg einzutreffen.



Montag, 10. Juni 2019



Heute geht es weiter! Kurz bevor ich losfahren möchte, bieten Gerd und Anke mir an, mich bei dem jetzt sehr ruhigen Wetter in den Mast zu ziehen, damit ich mein Spifall, das mir nach oben gerauscht ist, wieder runterzuholen. Da kann und will ich nicht nein sagen. Mit vereinten Kräften, d.h. Gerd an der Großfallwinsch und Anke zum Durchholen des Falls und zur Sicherung per Fockfall, werde ich in den Mast gehievt. Schnell ist das Fall nach unten geführt, natürlich mit dem Handy noch schnell zwei Fotos von oben gemacht, und dann bin ich auch schon wieder unten. Kurz aufklarieren, Bootsmannsstuhl wieder verstauen, und schon kann es losgehen. Bereits im Vorhafen steht das Groß, die Fock folgt wenig später. Bei dem sehr ruhigen Wetter kann ich es riskieren, die Durchfahrt zwischen den beiden vor dem Hafen liegenden Untiefen zu kreuzen. Mit Hilfe der Navionics Software auf dem iPad kein Problem. Aber wirklich auch nur, weil es sehr ruhiges Wetter ist.

Bei dem NE-Wind mache ich danach erst mal einen langen Schlag nach Norden. Es läuft ganz anständig mit rund 5 kn, manchmal auch mehr. Ich spekuliere darauf, dass der Wind später ankündigungsgemäß weiter auf Nord dreht und ich nach Varberg, das leicht nordöstlich von Anholt liegt, nicht weiter aufkreuzen muss. Nach ca. 10 sm in nördlicher Richtung wird gewendet, danach kann icn ca. 80 Grad anliegen. Irgendwann setzt dann der erwartete Dreher ein. Der Wind geht immer weiter nördlich rum und ich kann Varberg sogar mit einem leichten Schrick in den Schoten anliegen. Es wird aber immer noch besser, der Wind nimmt leicht zu und dreht sogar auf nordwestliche Richtung, so dass ich am Ende mit ca. 60 Grad Einfallswinkel und gut 6,5 kn Fahrt auf Varberg zurausche. Am Ende ist es schon fast wieder schade, die Segel runternehmen zu müssen. Im Innenhafen finde ich eine Liegeplatz, wo ich längsseits mit dem Bug im Wind problemlos anlegen kann. Das gleiche macht die Fähre kurze Zeit darauf und 50 m von mir entfernt auch. Es dauert ca. eine Stunde, dann sind alle PKW und LKW entladen und auch die neuen schon an Bord, ablegen – weg ist sie wieder. 

Kaltbadhuset in Varberg 

Festung von Varberg - hoch über der Ostsee gelegen

 Abendhimmel über den Schären vor Varberg

Das letzte Licht nutze ich für einen kurzen Spaziergang zur Festung hoch, von der aus man wirklich einen phantastischen Ausblick auf die Ostsee und die vor Varberg liegende Schärenwelt genießen kann.



Dienstag, 11. Juni 2019



Morgens um 6 Uhr: Wieder ein Lärm! Was ist los? Die Fähre ist schon wieder da und spuckt ihre Fracht, teilweise PKW, teilweise LKW oder Busse, an Land, um kurze Zeit später wieder neue an Bord zu nehmen. Nach einer Stunde ist der Lärm passé. Es regnet  und ich kann weiter schlafen.

Nach dem Frühstück unternehme ich noch einen kurzen Ausflug in den Ort, der sich hübscher als erwartet herausstellt. Eine typische, mittlere schwedische Stadt mit einigen interessanten Geschäften und Gebäuden. Mein Weg führt mich zum ICA, um einige Lebensmittelvorräte wieder aufzufüllen. Zurück an Bord geht es auch gleich an die Vorbereitungen zum Ablegen und kurz darauf bin ich auch schon unterwegs. Es bläst immer noch ganz anständig aus Ost. Nur mit der kleinen Fock segele ich durch das betonnte Fahrwasser nach draußen. Bei der Ausfahrt ist die Südtonne natürlich zu runden, sonst macht der Kiel unliebsame Bekanntschaft mit den dahinter liegenden Flachs.

Kurze Zeit später setze ich dann doch das einmal gereffte Großsegel dazu und schon geht es ausgewogener und mit gut 6,5-kn weiter Richtung Norden. Heute soll es nur ca. 20 sm weiter bis Gottskär gehen, wo Jens vor einigen Jahren an der Contender-Europameisterschaft teilgenommen hat.

Zwischen der Huk und der davor gelagerten Insel Malö passiere ich die gut betonnte und ausreichend breite Durchfahrt und lasse die ersten Schären an meiner Steuerbordseite. Später nimmt der Wind noch mal etwas zu und dreht ein wenig nördlicher. Trotzdem kann ich die Einfahrt in den Kungsbacka Fjord problemlos unter Segeln zurücklegen. Kurz vor Gottskär brist es noch mal kräftig auf, r dann muss ich die Segel ohnehin schon runternehmen. Erst das Großsegel, dann auch die Fock.

Im Hafen finde ich problemlos einen Liegeplatz an y-Bommar. Zu meiner Freude entdecke ich eine andere Winner, eine Winner 900, im Hafen. Einer der beiden Männer an Bord kommt rüber und nimmt meine Vorleinen war, was bei den Y-Bommar auch immer ein wenig tricky ist. Aber dank des Einsatzes von Hook & Moor ist auch das kein Problem.

Gottskär scheint schon zum Speckgürtel von Göteborg zu gehören. Großzügige bis pompöse Häuser auf solider Basis, d. h. Granitbrocken zeugen von einem gewissen Wohlstand und die davor stehenden Autos sprechen eine deutliche Sprache.



Firma "Horch und Lausch" scheint auch vertreten zu sein - allerdings weiter draußen


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