Mittwoch, 29. Juli 2020

Von Christiansö nach Gudhjem


Dienstag, 28. Juli 2020

Für heute Spätnachmittag und die beiden folgenden Tage ist viel Wind vorhergesagt, mit Böen bis hoch in die 30 kn. Spitzenböen sogar bis 38 kn. Deshalb will ich wieder zurück nach Bornholm und zwar nach Gudhjem, von wo aus man sicherlich einiges an den beiden windreichen Tagen an Land unternehmen kann. Ich bin schon zeitig auf und bereits 9:00 Uhr ist Motivatie segelklar.Ich warte noch kurz den Durchzug einer kräftigen Bö ab, aber um 9:15 Uhr lege ich ab, wobei mein freundlicher Nachbar die an Land belegte Vorleine übernimmt. Draußen empfängt mich heftiger Schwell. Das Einholen der Leinen und Fender dauert länger als gewohnt. Nachdem alles in der Backskiste verstaut ist, wird das Großsegel, gleich mit einem Reff versehen, gesetzt. Sofort werden die Bewegungen angenehmer, die stabilisierende Wirkung des Großsegels macht aus der vorher bockenden Motivatie wieder ein gescheit segelndes Boot. Jetzt noch mal kurz über Stag gehen, damit ich die an Backbord liegende Fock setzen kann, wobei das insofern praktischer ist, weil ich so das Fall auf der Steuerbordseite und somit von der Luvseite bedienen kann. Nachdem die Fock steht, wir wieder gewendet haben und jetzt auf Steuerbordbug mit 210 ° Kompasskurs Richtung Gudhjem unterwegs sind, rauscht Motivatie mit gut 6 kn und sicherlich 20 ° Schräglage los. Der Kurs ist zwar eigentlich etwas zu hoch, aber ich erwarte, dass der Südostwind kurz vor Erreichen der Küste etwas nach rechts dreht und ich dann die Reservehöhe gut gebrauchen kann. Nicht ganz unerwartet fallen etwa 2 sm vor der Küste heftige Böen ein, die thermisch bedingt sein dürften und tatsächlich dreht der Wind recht. Das Großsegel geht schnell runter und nur unter Fock laufe ich mit unverminderter Geschwindigkeit auf den Hafen zu. Etwa 500 m vor der Hafeneinfahrt wird auch die Fock geborgen, Leinen und Fender ausgebracht und mit Brassfahrt geht es in die nicht gerade üppig breite Hafeneinfahrt, die zudem vorher noch mit Granitbrocken rechts und links gespickt ist. Als ich nach Backbord in das Hafenbecken eindrehe, steht schon ein junger Kerl auf und bedeutet mir, dass neben ihm noch Platz ist. Es ist eine junge schwedische Crew mit einer X 99. Einer nimmt meine Vorleinen an, der nächste reicht mir die Mooringleine rüber und der dritte stellt mir eine Büchse Bier als Willkommensgruß an Deck. Einfach Klasse! Die drei sind aus Lomma, etwas nördlich von Malmö und studieren wohl alle in Lund, einer bekannten schwedischen Universitätsstadt. Wir unterhalten uns kurz über das woher und wohin, dann werden die drei von einer ihrer Familien, die wohl auf Bornholm Urlaub machen, abgeholt.
Nach Aufklarieren des Bootes mache ich mich auf zu einem Bummel durch das belebte Gudhjem, genehmige mir ein leckeres Eis und genieße die Aussicht von den schnell erklommenen Felsen auf die vor mir liegende Ostsee mit Christiansö am Horizont. 



Die Segel stehen, mit gut 6 kn geht es Richtung Gudhjem

Eine Bö fällt ein, leicht anluven, um sie zu parieren - der Gegenbauch im Großsegel nimmt den Druck raus

Hafenansicht von Gudhjem

Stockrosen auch hier - das rote Haus suggeriert: die könntest auch schon in Schweden sein!

Hafen von oben 

Über den Dächern von Gudhjem
                            

Rechts und links der Hafeneinfahrt lauern die Granitbrocken

Als Steinbock muss man da einfach hoch!

Die untergehende Sonne taucht alles in ein rotgoldenes Licht



Dienstag, 28. Juli 2020

Ausflug nach Christiansö

Montag, 27. Juli 2020

Heute will ich zu den nördlich von Bornholm liegenden Erbseninseln segeln. Es ist zwar nur schwachwindig, aber es sind auch nur 15 sm zurückzulegen. Der leichte SW-Wind fordert geradezu heraus, gleich den Blister zu setzen. Trotzdem komme ich kaum mal über die 5 kn-Marke hinaus. Es ist allerdings auch nur ein kurzes Vergnügen. Der Wind lässt nach und nach schwacher Brise aus umlaufenden Richtungen geht der Blister runter und die Fock hoch. Als ein leichter Wind zurückkommt, hat er um 180 Grad gedreht und kommt jetzt aus Nordost, so dass ich sogar kreuzen muss. Um Schluss kann ich zwar Christiansö zwar quasi wieder anliegen, aber der Wind ist so mau, dass ich die Segel runternehme und die letzten zwei Meilen nach Christiansö unter Motor hinter mich bringe.

                              Christiansö von der Südseite

Nach dem Anlegen mache ich mich gleich mal auf eine kurze Erkundungstour. Spätestens bei Erreichen eines Plateaus mit gleich 5 alten Kanonen wird klar, dass die aus großen Natursteinen errichteten Mauern nicht dem Hochwasser­schutz dienten. 

Vielmehr wurden Christiansö und das gleich nebenan und mit einer Fußgängerbrücke verbundene Frederiksö als Bollwerk gegen die übermäch­tigen Schweden errichtet, nachdem die ungeliebte Festung Hammershus gegen Ende des 18. Jahrhunderts als Festungsstandort von der dänischen Krone aufge­geben wurde.

   

Über dem ganzen thront der allgegenwärtige Wach- und Leuchtturm,  der immer noch             betrieben wird


    Man liegt bei südlichen Winden nicht wirklich komfortabel im Kanal, der Christiansö          von Frederiksö trennt

            Polizei muss es auch hier geben!

Inzwischen dienen die alten Garnisonsgebäude allein zivilen und privaten Zwecken. Es wohnen sogar einige Familien dauerhaft hier. Direkt am Hafen gibt es ein gut besuchtes Restaurant und eine Eisdiele, eine Poststation und auch eine Polizeistation darf nicht fehlen.    

Fußgängerbrücke von Frederiksö nach Christiansö - die kann sogar zum Durchlassen von Schiffen gedreht werden - von Hand natürlich!

Während auf Christiansö die Wohnungen zumeist in den alten Kasernengebäuden untergebracht sind, gibt es auf Frederiksö diverse Einzelhäuser und Gärten, in denen die Bewohner ihr Obst, Gemüse und Kartoffeln selbst ziehen. 




Die ersten Zwiebeln hängen schon an der Wand!


Gemüsegarten zur Selbstversorgung


Pulverturm auf Frederiksö





Sonntag, 26. Juli 2020


Freitag, 24 Juli 2020

Hafentag in Rönne und Renates Geburtstag

Es pustet mal wieder vernehmlich draußen und die Wellen sind auch beachtlich. Wird wohl noch ein Tag in Rönne werden. Fange ich jetzt etwa an zu schwächeln? Nach einem späten Frühstück geht es erst mal in den Ort, den ich ja aber noch vom Besuch 2015 in guter Erinnerung habe. So gibt es auch nicht so viel neues zu entdecken. Außer, dass die Danske Bank für Bargeldabhebungen DKR 25,00 Gebühren haben will. Bei der Sydbank gleich gegenüber geht das hingegen noch kostenlos!
Beim Bummel durch die Straßen und Gassen entsteht an manchen Stellen der Eindruck, dass hier die Zeit ein wenig stehen geblieben zu sein scheint, was aber nicht nur an dem alten Citroen 4 CV „Gangster“ liegen dürfte. Charakterisch sind die hohen Stockrosen an den Häusern und die Pflaster der alten Bürgersteige mit Keramikplatten, die aus der allerdings inzwischen stillgelegten örtlichen Steinzeug- und Keramikproduktion stammen. 

Schöne alte und gut gepflegte Bürgerhäuser säumen die Straßen

Die für Dänemark typischen Stockrosen reichen hier auf der
sonnenreichsten dänischen Inseln locker bis zur Dachrinne

Citroen 4 CV "Gangster"

Keramikplatten aus heimischer Produktion schmücken die Bürgersteige

Gar nicht stehengeblieben aus alten Zeiten die hier in den Hafen einfahrende Expressfähre, die mich immer ein wenig an einen Manta (nein, nicht den Opel, sondern den Rochen!) erinnert. Von den Dingern gibt es zwei, die draußen bei voller Fahrt mit immerhin 43 kn unterwegs sind. D.h., wenn, die sich begegnen, wäre die theoretische Aufprallgeschwindigkeit knapp 160 km/h!

Gegen Abend sehe ich noch ein Segelboot den Hafen ansteuern. Scheint auch ein Einhandsegler zu sein. Klar, dass ich da beim Anlegen helfe, worüber er bei dem immer noch strammen Wind nicht unglücklich zu sein scheint. Nachdem die Leinen fest sind, lade ich ihn zu einem Glas Wein an Bord ein. Er klariert erst das notwendigste an Bord, kommt dann aber zeitig zu mir rüber. Es stellt sich schnell heraus, dass Rune im vergangenen Jahr erstmalig auch am Silverrudder teilgenommen hat. Irgendwie kamen wir dann noch darauf zu sprechen, dass im Hafen bei Steckmest auch eine Familie aus Nettetal liegt. Er zieht die Augenbrauen hoch und fragt: Sagtest du Nettetal? Ja, antworte ich, warum? Er hat vor zwei Jahren sein bisheriges Boot, eine Larsen 28, an einen Nettetaler verkauft und die liegt jetzt irgendwo in Zeeland/Niederlande in einem Hafen. Soll noch einer sagen, die Welt wäre nicht klein!
Sein jetziges Schiff ist eine schöne Faurby 36, 3 m schlank und von der Innenaufteilung fast identisch mit der Winner. Würde ich auch nehmen!

Zu Renates Geburtstag, den wir leider nicht zusammen feiern können, leiste ich mir im Café Munter einen sehr leckeren Burger (leider nicht ganz so lecker wie der Gustavsburger im Café Gustav)! 
Am Abend haben wir dann ausgiebig Gelegenheit zum telefonieren und stoßen, quasi "across the miles" mit einem Glas Sekt auf Renates Geburtstag an.

Samstag, 25. Juli 2020

Morgens ist erst mal so gut wie kein Wind. Gute Gelegenheit, den noch „unsortierten“ Blister aus dem Sack zu ziehen und den Bergeschlauch wieder drüber zu ziehen, damit der dann auch wieder für den nächsten Einsatz klar ist. Auf dem Weg in den Ort, um noch ein paar Einkäufe zu tätigen, bleibe ich bei Runde auf einen Kaffee, der sich über gut eine Stunde hinzieht, hängen. Er erwartet für heute Abend seine Frau und Tochter, die mit der Fähre aus Köge anreisen. Da vermutlich ein Abendessen im Restaurant angesagt ist, gebe ich ihm noch den Tipp, rein vorsorglich im Café Gustav einen Tisch zu reservieren. Schließlich ist Samstag und der Laden war auch gestern schon voll ausgebucht.
Nach Auffüllen des Wassertanks bin ich ablegebereit und so verlasse ich um 12:30 Uhr den Hafen. Draußen ist immer noch ziemlich viel Dünung, obwohl der Wind über Nacht ganz eingeschlafen war und auch jetzt erst auf ca. 3 Windstärken aufgefrischt hat. Entsprechend gemächlich geht es mit Backstagsbrise Richtung Norden. Als ich dann hinter der Untiefentonne von Hvide Odde abfallen muss, geht die Fahrt noch mal deutlich runter auf knapp 3 kn. Die Segel schlagen nur noch wild von einer auf die andere Seite. Das ist so auch nicht gut. Also Motor an und runter mit den Segeln. Mit gemächlichen 5 kn ziehen wir an der abwechslungsreichen Küste vorbei. Hasle bleibt schnell achteraus, Helligpeder und Teglkas folgen. Die Küste ist felsig und ragt hoch auf, zerklüftet und wild. 





Die Festung Hammershus, die 74 m über dem Wasserspiegel liegt, verschwindet genauso schnell achteraus, wie sie vorher in Sicht gekommen ist. Der Leuchtturm Hammerodde ist schon querab, als ich feststelle, dass die Fahne wieder nach vorne ausweht. Super – es ist wieder Wind da. Also Segel hoch und Motor aus, auch wenn es bis Allinge keine 4 sm mehr sind. Nach Umrundung des Kaps geht es hurtig mit gut 6 kn Richtung Allinge. Wie immer, kommt die Hafeneinfahrt viel zu schnell. Ich bin gespannt, wie die Liegeplatzsituation in Allinge ist. Ich habe Glück, direkt um die Nase hinter der Hafeneinfahrt ist noch ein Platz an der Mauer frei, wie für mich und Motivatie gemacht. 

Festung Hammershus: 74 m über Meeresniveau und von den Ausmaßen die größte Burgruine Europas

Leuchtturm Hammerodde

Motivatie im Hafen von Allinge

Typische Räucherei - hier wird aus einem einfachen Hering ein goldener "Bornholmer" 

So bizarr wie die zerklüfteten Felsen im flachen Wasser ist die ausgefallene Architektur dieses Gebäudes, das wohl als Ausstellungs- und Begegnungsstätte errichtet wurde, jetzt aber offensichtlich leider leer steht



Hatte ich angesichts des Zirkels und des Dreiecks auf dem Türmchen erst noch an das Gebäude der Freimaurerloge gedacht, entpuppt sich das ganze dann als "Tekniske Skole"



Stillgelegter Steinbruch auf dem Wege nach Hammershus

Die Kletterer freuen sich sicherlich über die vielfältigen
Möglichkeiten mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden 

Das nenn ich doch mal ein Sägeblatt - da werden auch die dicken Steine klein! 
 Und hier noch mal die Festung Hammershus





Freitag, 24. Juli 2020

Aufbruch zum Sommersegeltörn 2020

Sommersegeltörn 2020

Obwohl das Boot trotz Corona-Gedönse bereits Ende April zu Wasser ging und in Schleswig-Holstein die Häfen auch ab dem 4. Mai wieder öffnen durften, waren die bisherigen Ausflüge mit dem Boot doch eher dürftig. Einmal Laboe, einmal Glücksburg – mehr war außer ein paar Segelschlägen vor der Haustür Schleimünde nicht passiert.

Ich sah den Sommer schon dahin ziehen, ohne einen größeren Segeltörn zu realisieren. Der Juli hatte sich bislang ja auch nicht von der allerbesten Seite gezeigt. Und außerdem war auch nicht so ganz klar, ob wir zu zweit oder ich doch wieder einhand unterwegs sein würde. Und auch das Ziel war nicht so einfach zu definieren. Für einen Törn nach Norwegen war es einerseits aufgrund der Corona-Beschränkungen problematisch (gerade aktuell ist erst die Einreise ohne Quarantäne möglich), andererseits bereits zu spät, um tatsächlich auch mal um Kap Lindesnes weiter Richtung Norden und dann in die Fjorde zu kommen.

Start war dann am 21.7. – leider wieder einhand. Es sollte erst mal Richtung Bornholm gehen. Kartenmaterial und Hafen-/Küstenhandbücher habe ich vorsorglich jedoch für den gesamten Ostseeraum an Bord, so dass ich flexibel bin bei der Wahl der weiteren Reiseziele.

Montag, 20. Juli 2020

Nachdem die letzten Besorgungen an Bord verstaut sind, geht es um 10:30 Uhr los. Vor Rabelsund werden die Segel gesetzt und bei einem leichten Nordwestwind geht es gemütlich durch das Schleifahrwasser. Der Leuchtturm Schleimünde bleibt schnell achteraus. Wunschziel für heute ist Fehmarn. Doch schon gegen Mittag fängt der Wind an zu schwächeln. Der Blister geht als Spi geschotet hoch, jedoch als ob Rasmus sich denkt: Wenn der größere Segel setzt, muss ich mich ja nicht mehr so anstrengen….Nachdem die Fahrt unter Blister unter 2 kn absackt und Besserung nicht zu sehen ist, wird das bunte Tuch geborgen und der Motor angeschmissen. Obwohl Kiel Leuchtturm auch schon achteraus liegt, wird dieser wieder angesteuert, denn auf 30 sm unter Maschine bis Fehmarn hab ich auch keine Lust. Kurz vor dem Leuchtfeuer registriere ich, dass es doch wieder Wind gibt und bin erst mal verwirrt, freue mich dann aber darüber, in die Kieler Förde unter Segeln einlaufen zu können. Also: Motor aus, Fock hoch – und ab geht die Post. Mit strammen 6,5 kn geht es in die Förde. Vor Schilksee nehme ich die Segel aber wieder runter, denn ich will in Strande meinen Dieselvorrat auffüllen und über Nacht bleiben.

Das Anlegemanöver vor dem Wind in die Box gelingt problemlos – da haben sich die gedanklichen Manövertrainings während der Corona-Krise wohl doch gelohnt!

 


Das erste Mal dieses Jahr unter Blister

 

Dienstag, 21. Juli 2020

Bei ähnlichen Wetterbedingungen wie gestern sollte es wohl doch zu schaffen sein, bis Fehmarn zu kommen. Da vom 6.7. bis 4.8. auch keine Schießübungen stattfinden, können die Warngebiete problemlos durchquert werden. Kurz vor der Tonne Kleverberg Ost quere ich das Fahrwasser, um außerhalb des Verkehrstrennungsgebietes bereits auf östlichen Kurs abfallen zu können. Mit ausgebaumter Fock läuft es ganz anständig. Zwischendurch ziehen zwei bedrohlich aussehende Regenfronten auf – eine an Steuerbord über Land mit viel Regen, eine an Backbord mit mäßigem Regen – und ich mittendrin. Vorsorglich ziehe ich schon mal Regenzeug an und warte ab. Und: es passiert quasi nichts! Die beiden Fronten ziehen auf beiden Seiten an mir vorbei und bis auf ein wenig Nieselregen hab ich nichts abbekommen. Allerdings ist danach auch der letzte Wind weg. Da muss wohl doch wieder der Yanmar ran! Da es im Moment nicht so aussieht, als ob da noch was kommt, nehme ich nach der Fock auch das Großsegel runter, das schlägt ohnehin nur unnütz hin und her. Nach etwa einer Stunde Motorfahrt bemerke ich, dass meine Nationale wieder nach vorne zeigt! Aha, da muss doch Wind sein! In der Tat – schnell die Segel wieder hoch und weiter geht es mit ausgebaumter Fock Richtung Fehmarnsundbrücke, die schon seit geraumer Zeit zu sehen ist. Je weiter ich komme, desto mehr nimmt der Wind zu. Nicht ganz unerwartet aufgrund der trichterförmigen Verengung vor der Brücke. Mit Brassfahrt geht es unter der Brücke hindurch, die bei einer lichten Höhe von 22 m mehr als ausreichend hoch ist. Trotzdem sieht es wie immer spektakulär aus, wenn man den Blick – unwillkürlich – nach oben richtet.

Jetzt nur noch durch das betonnte Fahrwasser und dann nach Backbord. Die drei Hochhäuser von Burgtiefe sind eine ideale Orientierung, aber auch die grüne Tonne vor der Hafeneinfahrt ist schon gut auszumachen. Kurz vorher werden die Segel geborgen, Leinen und Fender für das Anlegemanöver ausgebracht. Schade eigentlich, denn jetzt bläst es mit strammen 5 Windstärken…

Im Hafen von Burgtiefe ist reger Betrieb, der Rundsteg mehr als gut belegt. Trotzdem finde ich nach einigem Suchen noch eine freie Box. Ist zwar auch wieder mit Wind von achtern, aber mit den über die Winsch gelegten Achterleinen kann man das Boot gut kontrolliert bis an den Steg bringen, wo allerdings dankenswerterweise bereits eine Segler vom gegenüber liegenden Schiff auf meine Vorleinen wartet.

Nach dem üblichen Aufklaren des Schiffes verhole ich mich erst mal Richtung Hafenmeister, dessen Büro aber bereits geschlossen ist – es ist aber auch schon wieder 19 Uhr durch.

Der Hafen hat sich gegenüber unserem letzten Besuch vor fünf Jahren hervorragend gemacht. Die gesamte Promenade ist neu angelegt mit ansprechender Bepflanzung, neuer Pflasterung, schönen Bänken und drehbaren, breiten Liegen. Und auch die Stegbeplankung hat die vor fünf Jahren bereits nötig gewordene neue Beplankung erhalten, incl. neuer Strom- und Trinkwasserversorgung.



Eine Front an Backbord...


...eine an Steuerbord


 Kurz vor der Fehmarnsundbrücke hat sich der Wind wieder zurückgemeldet


Mittwoch/Donnerstag, 22./23. Juli 2020

Heute ist erst mal Ausschlafen angesagt, denn es soll von hier aus in einem Rutsch bis Bornholm durchgehen. Bei knapp 140 sm durch die gesamte Nacht. Die Wetteraussichten hierfür sind ideal: Wind aus West mit 4 -5 Beaufort und kein Regen. Besser kann man es kaum erwarten.

Vormittags treffe ich noch auf meine Stegnachbarn Lothar und Gabi, die mit ihrer „Maximal“ an Steg II liegen. Das hätte man wissen müssen, dann hätte man den Abend auch gemeinsam verbringen können.

Der überaus hilfreiche Hafenmeister druckt mir die E-Mail, die ich als Bestätigung für die Reservierung von 6 Häfen in Dänemark benötige, aus. Das zudem erforderliche Formular, das man sich normalerweise auch runterladen kann, hat er sogar vorrätig.

Gegen 15 Uhr lege ich ab, Segel werden draußen auf Höhe der grünen Ansteuerungstonne gesetzt. Schnell wird die Fock wieder gegen den als Spinnaker geschoteten Blister getauscht, was dann zu 6 kn Fahrt führt. So kann das meinetwegen bleiben.


Leuchtturm Staberhuk auf Fehmarn

Fehmarn bleibt schnell achteraus, Bordroutine setzt ein. Mal steuere ich selbst, dann auch mal wieder Gustav, mein zuverlässigster Steuermann von Raymarine. Um 20:45 passiere ich die Ansteuerungstonne von Rostock, kann aber der Versuchung, nach Warnemünde einzulaufen, widerstehen. 

     Langsam verschwindet die Sonne hinter dem Horizont

Kurz vor dem Dunkelwerden muss der Blister runter, denn mit dem will ich nicht in der Nacht unterwegs sein. Beim Bergen dann wieder das Malheur! Beim Fieren der Luvschot ein bisschen nachlässig und schon wickelt sich das Ding ums Vorstag. Allen Versuchen, das Ding wieder freizubekommen, widersetzt es sich heftig und erfolgreich. Als heißt es wieder mal soweit möglich runterziehen, dann Gang für Gang zurück abwickeln. Mühsam, aber auch erfolgreich. So blieb mir der Einsatz des Messers erspart! Nach 20 Minuten geht dafür die Fock wieder hoch und wird auch gleich ausgebaumt. Mit zunehmend einsetzender Dunkelheit taucht ein Leuchtturm nach dem nächsten auf, dazu die vor der Küste reichlich liegenden Leuchttonnen. Über die Kennung sind die Leuchttürme leicht zu identifizieren. Erst Darßer Ort mit seiner Gruppenkennung zwei Blitze, Pause, vier Blitze, Pause. Wiederkehr 22 Sekunden. Und schon kommt auch Leuchtturm Dornbusch auf Hiddensee in Sicht, den ich um 3:35 Uhr an meiner Steuerbordseite habe. 

   Am östlichen Horizont kündigt sich der Sonnenaufgang an

    Und wenige Minuten später taucht sie alles in ihr goldenes Licht

Es fängt schon ganz langsam an zu dämmern. Um 5 Uhr deutet ein roter Schimmer am östlichen Horizont den Sonnenaufgang an und keine 10 Minuten später ist sie voll zu sehen und taucht das an Steuerbord aufkommende Kap Arkona in ihr goldenes Licht. Sieht ein bisschen kitschig aus, ist aber trotzdem wunderschön und lässt die wenigen Stunden der dunklen und mondlosen Nacht, während der „Motivatie“ mit 6,5 kn durch die Wellen rauschte, schnell wieder vergessen.

   Auch Kap Arkona wird angestrahlt

Es ist 6:30 Uhr, als wir die rotweiße Ansteuerungstonne nordwestlich von Kap Arkona, das sich jetzt im schönsten Sonnenlicht zeigt, passieren. Noch ca. 45 sm bis Rönne. Abgesehen von weit entfernt dahinziehenden Frachtern und Fähren ist kein weiteres Schiff zu sehen. Es dauert noch geraume Zeit, bis Bornholm am Horizont auftaucht. Jetzt könnte es auch ein bisschen schneller gehen. Die durchwachte Nacht macht sich bemerkbar. Indessen legt der Wind noch eine Schüppe drauf und verteilt großzügig auf den Wellen kleine Schaumkrönchen. Motivatie quittiert das mit rauschender Fahrt, die jetzt auch wieder die 6,5 kn überschreiten und ab und an auch mal die 7 auf dem Tridata-Instrument sehen lassen. Zum Schluss ist es wie immer: jetzt schon Segel runter? Bei den inzwischen 1,50 m hohen Wellen wird draußen nur die Fock geborgen, das Großsegel will ich erst im Hafen, wo ausreichend Platz vorhanden ist, runternehmen.

Kurz vor der Hafeneinfahrt sehe ich, dass gerade Express 2, die Katamaranfähre die Ausfahrt ansteuert. Ich lasse sie mit ausreichendem Abstand passieren. Aber hinter mir kommt auch Express 1, die die Einfahrt ansteuert. Da muss ich nicht im Wege sein. Also noch mal schnell angeluvt, zwei kurze Kreuzschläge seitlich der Hafeneinfahrt und dann ist sie auch schon drin. Als ich die Hafeneinfahrt passiere, hat sich auch ihr Wendemanöver schon beendet und steuert mit Rückwärtsfahrt ihre Liegeplatz an.

In Ruhe kann ich hier bei langsamer Fahrt gegenan das Großsegel bergen, bringe Leinen und Fender aus und steuere den Yachthafen an der Steuerbordseite an. Das Ding sieht ausgesprochen unattraktiv aus, nur Betonwände und die Liegeplätze in Lee der Mole sind auch schon belegt. Auf die Luvseite will ich aber nicht. Also wird es doch wieder der Kleinboothafen im Süden, wo wir auch vor fünf Jahren bereits gelegen haben. Das Anlegemanöver klappt beim zweiten Anlauf: rückwärts an die Mole, Leine Steuerbord achtern auf einen Poller und belegen, dann Fahrt voraus mit Ruder hart Steuerbord, und schon legt sich Motivatie an die Mole. Der Rest ist ein Kinderspiel.

    "Motivatie" an ihrem Liegeplatz im Söndre Smabothavn

Nach Aufklaren des Schiffes den Hafenmeister anrufen (die Nummer hatte ich sogar noch gespeichert!), der seinen Besuch für 19 Uhr ankündigt. Zeit, eine Kleinigkeit zu essen und den Kopf mal auf ein Kissen legen.

Punkt 19 Uhr erscheint er dann. Formalitäten wegen der Einreise nach Dänemark? Bestätigungsmail? Reservierung von 6 Häfen? Es scheint, als hätte er von Corona noch nie etwas gehört. Ich spreche ihn auch nicht drauf an, bezahle meine 235,00 DKR plus 50,00 DKR für die Tallycard, die ich für Strom und Sanitärgebäude benötige, und dann ist er auch schon wieder weg.

   Aufgang in den Ort

   Der alte Leuchtturm von Rönne - leider nicht mehr in Betrieb

   Und hier noch mal ein Blick auf die "Motivatie"

Zeit für einen kleinen Rundgang durch den mir noch in guter Erinnerung gebliebenen Ort. Auf dem Marktplatz mit den diversen Rstaurants, Kneipen und Cafés herrscht reges Treiben. Maskenn? Fehlanzeige. Man soll nur nicht die Geschäfte betreten, wenn man infiziert ist und Schlangenbildung vermeiden. Man fragt sich, weshalb die dänischen Behörden einen solchen Hype wegen der Einreise machen…

Eigentlich hatte ich vor, mir im Café Gustav einen Gustavsburger zu genehmigen, aber allein macht das nicht so recht Spaß. Also geht es zurück zum Boot. Brot und Käse und ein Glas Wein dazu reichen mir auch. Um 22 Uhr verlangt der Körper nach seinem Recht. Erschöpft falle ich in die Koje und wache auch erst am nächsten Morgen gegen 8 Uhr auf, stelle fest, dass es regnet und dreh mich noch mal rum.