Sonntag, 22. August 2021

Von Gotland nach Öland

Dienstag, 10. August 2021

Es weht ganz gut heute, so dass die Weiterfahrt auf den nächsten Tag verschoben wird. Abgesehen von einem Spaziergang bis zum anderen Hafen und einem Einkauf im nahe gelegenen ICA entwickele ich keine Aktivitäten.

Am Abend sitzen wir zusammen, genießen einen Pinot rosé zu dem von Gerd vorbereiteten Abendessen und anschließend zu kräftigem Käse aus Riga einen schönen Merlot. Wir merken alle nicht, wie schnell es Mitternacht geworden ist und so verabschieden wir uns erst halb eins voneinander.

Mittwoch, 11. August 2021

Wir wollen heute nach Lickershamn, denn noch länger in Fårösund zu bleiben, ist wenig sinnvoll, zumal für das Wochenende mit dem Durchzug eines Tiefs mit kräftigem bis stürmischem Wind aus Südwest zu rechnen ist.

Obwohl es anfangs nach einer reinen Motortour aussieht, kommt am Leuchtturm Svingrund Wind auf. Also hoch mit den Segeln und wenigstens mal testen, ob es geht. Tatsächlich kann ich fast 3 ½ Stunden segeln – mal mit nur 3,5 kn aber auch bis zu 5 kn. Weniger schön ist das Gewitter, das sich da zusammenbraut. Es zieht aber über Land ab und regnet sich da auch heftig aus. Bei mir kommen nur ein paar Spritzer an, die nicht mal wert sind, das Ölzeug rauszuholen. Auf der Höhe von Hallshuk bricht die Brise dann aber zusammen, so dass der Yanmar helfen muss. Es kommt zwar später noch mal eine leichte Brise auf, die aber nur 15 Minuten anhält. Den Rest heißt es dann motoren, aber auch der freut sich ja, wenn er mal eine Stunde mit vernünftigen Drehzahlen ran darf!

Donnerstag, 12. August bis Sonntag, 15. August 2021

In diesen Tagen dreht sich fast alles nur um die Themen Wind, Essen, Wanderungen, Fahrradausflüge. Donnerstag und Freitag reicht der Wind einfach nicht aus, um bis nach Öland zu kommen. Es gibt immer nur mal Windfenster von 3 – 4 Stunden aus der richtigen Richtung und einigermaßen segelbarer Stärke. Samstag und Sonntag kracht es mit 6 – 7 Bf. und heftigen Böen. Ich kann mit Ankes Fahrrad einen Ausflug nach Ireviken, einer beliebten Badebucht mit einer ca. 30 m direkt über dem Strand gelegenen Fluchtburg machen. 

Abends grillen wir am Strand mal die von Gerd organisierten Würstchen vom Gotlandlamm, mal zwei unterschiedliche Fischfilets von der Fischbude am Hafen. Beides sehr lecker, jeweils ergänzt durch Bratkartoffeln und Salat. Man könnte schlechter leben.




Auch auf Gotland gibt es Windmühlen, die - wie man anhand der unten abgebildeten Mühlsteine sehen kann - jedoch für das Mahlen von Getreide dienten




Wanderung durch den Wald, teilweise an der Steilküste, teilweise über den Strand bis zum Leuchtturm Stenkyrkehuk








Wind mit Stärke 6 - 7 malt Schaumkämme aufs Meer und lässt die Wellen sich schäumend im flachen Wasser und am Strand brechen



Einer der vielen alten, denkmalgeschützten Meilensteine auf Gotland. Die schwedische Landmeile wurde, nachdem es in Schweden und auf den Inseln wie Öland und Gotland unterschiedliche Definitionen gab, im 17. Jahrhundert auf 36.000 Fuß festgelegt, was einer Distanz von 10.688,54 Metern entsprach.

Beliebte Badebucht Ireviken bei der Ortschaft Ihre


Wanderungen zum Leuchtturm Stenkyrkehuk und am Geröllstrand bis zum Leuchtturm komplettieren meine Steinsammlung mit interessanten Fossilien. Mitnehmen kann man sowieso nicht alle – da würde Motivatie einfach absaufen. Man wandelt an dieser Küste förmlich über Fossilien.












 
Nach ausgiebigem Studium der verfügbaren Wetter- und Windvorhersagen von Wetterwelt, dem schwedischen Wetterdienst, Windfinder und Windy machen wir für den Montag ein recht enges Fenster aus, an dem es zeitweise Nordostwind gibt, bevor er dann kurz Zeit später wieder auf Südwest dreht. Am Montag früh soll es gehen: Lickershamn – Visby: Dort wollen wir zwar eigentlich  nicht hin – am wenigsten Anke, aber von dort ist der Windwinkel bei Süd – Südwest rüber auf die Festlandseite etwas günstiger und mit ca. 50 sm auch etwas kürzer.

Am nächsten Morgen hat Emaloca schon vor 6 Uhr die Leinen los und fährt unter Motor Richtung Visby. Ich brauche noch etwas, bin aber um 6.10 Uhr auch schon unterwegs. Frühstück gibt es in Form von Müsli unterwegs unter Motor, der bis Leuchtturm Stenkyrkehuk Motivatie antreibt. Ab dort kann man aber segeln, was bei dem Südost mit 3 – 4 Windstärken auch ganz gut vorangeht. Kurz vor Visby bricht gegen 8.30 Uhr ein Gewitter los – viel früher als in den Vorhersagen angekündigt. Die pechschwarze Wand verheißt nichts Gutes. Rein vorsorglich geht das Großsegel schon mal runter, weil man nie weiß, welche Böen so eine Zelle mit sich bringt. In diesem Fall das volle Programm: heftige Böen, sturzbachartiger Regen und Blitze, denen unmittelbar der Donner folgt – für meinen Geschmack also viel zu nahe. Gott sei Dank ist der Spuk schnell vorbei. Als wir die Hafeneinfahrt passieren, ist das Gewitter schon weiter gezogen. Das mulmige Gefühl blieb einem trotzdem nicht erspart. Nachdem wir kurz auf der Innenseite der Außenmole festgemacht haben, dort aber kräftig durchgeschüttelt werden, verlegen wir dann doch in den eigentlichen Gästehafen, wo wir vergleichsweise ruhig liegen.

Dann gibt es erst mal ein gescheites zweites Frühstück. Gerd und Anke brechen schon vor mir auf in die Stadt. Als ich mich auf den Weg mache, ist es dort erwartungsgemäß voll, liegen doch zwei Kreuzfahrtschiffe am Terminal: MSC Sea View und ein kleineres, älteres, das sehr an die Hanseatic erinnert. Trotzdem wird die Stadt mit ca. 3.000 Menschen geflutet.

Wieder mal einer der phantastischen Sonnenuntergänge, der einen die vollen Straßen von Visby schnell wieder vergessen lässt.


"Emaloca" auf der Überfahrt von Visby zum schwedischen Festland

Größte gemessene Tiefe bei der Überfahrt - 150 m!


Ankunft in den Schären





Bezaubernde Bucht von Klintemala, das wir aufgrund des weiter nördlich drehenden Windes statt wie ursprünglich geplant Idö anlaufen



Pittureskes Hafenensemble von Klintemala - viel mehr Klischee von Schweden geht fast schon nicht mehr



Weiterfahrt durch die Schären - erst mal nur unter Großsegel


Leuchttürme, Baken, Tonnen und Richtfeuer bzw. Peilmarken
weisen den Weg durch die teils gewundenen Schärenfahrwasser



Diese Bake in Form einer Betonskulptur "Charlie Chaplin" am Hafen von Paskallavik stammt von dem im gleichnamigen Ort beheimateten Künstler Arvid Källström


Windorgel von Arvid Källström
unten Der Pfeifenmann, eine sicherlich 8 m hohe Betonskulptur, die mit blauen Glasscherben übersät ist





Hamncafé von Paskallavik



Motivatie und Emaloca an der ehemaligen Steinverladepier von Paskallavik

Heute geht es wieder weiter, zunächst durch ein enges und gewundenes Schärenfahrwasser, das viel konzentriertes Fahren erfordert. Zudem sind die Tonnen gegen die Morgensonne teilweise schwierig zu finden, so dass zum Fotografieren keine Zeit blieb. Erst nach Passieren der Zellstofffabrik wird es etwas weiter, aber dann steht schon wieder eine enge Passage an, will man nicht dem Umweg um den Leuchtturm Dämman in Kauf nehmen. Ich hoffe, dass ich ausreichend Höhe laufen kann, um durch das Tonnenpaar, das nur wenig Platz zum A-Ausweichen und erst recht keinen zum Abfallen lässt, da direkt hinter der grünen Tonne ein Stein auf 1,20 m Tiefe lauert. Aber es klappt hervorragend. Ich muss noch nicht mal in die Trickkiste greifen, und die Fock mit Hilfe der Luvschot enger schoten.

Zeitweise kann ich auf Backbordbug sogar 210 ° fahren, muss allerdings kurz vor Borgholm, etwa auf Höhe des Leuchtturms Slottsbredan bei nachlassendem Wind auf Südkurs abfallen.  DA hilftEmaloca kann diese Höhe aber nicht halten und fährt auf Borgholm zu. Borgholm die vierte? Nein! Diesmal soll es Stora Rör werden, ein kleiner Hafen auf Öland kurz vor der Ölandbrücke. Der Wind hat wieder zugelegt, ein Reff erforderlich. Inzwischen hat sich auch eine kurze, hackige Welle aufgebaut, die ab und an auch mal einen Gruß bis ins Cockpit schickt. Rechtzeitiges Wegducken unter die Sprayhood ist angesagt! Bis Stora Rör sind es ohne Kreuz nach ca. 5 sm. Nach zwei weiteren Streck- und einem Holeschlag ist Stor Rör bereits in Reichweite, als der Wind noch mal eine Schüppe drauflegt. Zweites Reff? Ich hole sttattdessen das Großsegel ganz runter und fahre die letzte knappe Meile nur unter Fock weiter, die kurz vor dem Hafen auch runtergeholt wird. Der Rest ist schnell erledigt, unter Motor in den Hafen, Heckboje ergattern, Vorleinen werden von einem freundlichen schwedischen Segler versorgt.




Der Hafen ist schnuckelig. Direkt vornean gibt es einen Laden, wo man sich mit dem nötigsten versorgen kann, aber nebenan gibt es Mormors Stenungsbageri, die Brote, Brötchen und Gebäck auf Sauerteigbasis auf traditionelle Art und Weise herstellt. Ich entscheide mich für ein Kanelbulle, die gute schwedische Zimtschnecke. Meine ist noch ofenwarm und mit einem Kaffee genieße ich sie m Cockpit. Hmmmmm..... das war definitiv die beste Zimtschnecke, die ich je gegessen habe. Macht süchtig!


Später taucht der Hamnwärd auf, klärt mich über den Code für die Sanitärgebäude auf und erläutert gleich dazu, dass 1972 für das Jahr der Eröffnung der Ölandsbroen über den Kalmarsund steht. Ganz höflich fragt er, ob er denn auch um die Zahlung der Hafengebühren bitten dürfte. Das ist doch mal was völlig anderes, als der wenig dezente Hinweis im Hafen von Visby, dass man eine zusätzliche Gebühr von SEK 3.000 zu zahlen hat, falls man sich nicht innerhalb von 30 Minuten nach Ankunft anmeldet! Es geht also auch nett! Sehr erfreulich! 




Der nächste Tag ist voller Überraschungen. Morgens werde ich schon von  schwedischem Stimmengewirr geweckt. Mit Pylonen und rotweißem Flatterband ist der Bereich vor dem Hafengebäude abgesperrt, mit Kreidestrichen markiert und viele Helfer in neongelben Warnwesten mit dem Schriftzug "Funktionär" auf dem Rücken eilen geschäftig hin und her. Ich kann mir so recht keinen Reim darauf machen und nehme erst mal eine Dusche. Mein schwedischer Bootsnachbar klärt mich hinterher auf, dass hier eine der Sonderprüfungen der Kungs Rallye stattfindet. Wahrscheinlich ist auch mit dem Erscheinen des Königs zu rechnen.
Bei mir gibt es aber erst mal Frühstück mit frischen Brötchen vom Bäcker. Ich bin so fasziniert vom Backwerk, dass ich Emalocas Ankunft erst registriere, als Anke mich anspricht, ob ich nicht die Vorleinen annehmen kann! Die beiden sind schon früh aus Borgholm nach einer unruhigen Nacht geflüchtet.

Nach einiger Zeit trudeln die ersten Teilnehmer ein. Überwiegend Oldtimer, die einen perfekten Pflegezustand aufweisen. Vielfach englische Marken wie Austin, Triumph, MG, aber natürlich auch Bentley und viele Rolls Royce - teils auch modernere Modelle. Viele Volvos natürlich, auch Mercedes unterschiedlichster Jahrgänge, ein Fiat 500. Es würde zu weit führen sie alle aufzuzählen und abzubilden.
Besondere Aufmerksamkeit erregt ein dunkelgrüner, viertüriger Volvo mit der Startnummer!: das Königspaar ist eingetroffen und wird natürlich gleich von der Presse, die beim rückwärts setzen fast noch unter die Räder gekommen wäre, belagert. Von Bodyguards oder anderen Sicherheitskräften keine Spur! 



Startnummer 1: das schwedische Königspaar


"unsere" Königin Silvia


König Carl XVI


















Und nachmittags kam dann noch Lotta! Ein Winner 9.50 und zwar die, die am Midsummer Sail 2021 (Regatta von Wismar nach Töre = längste mögliche Distanz in der Ostsee) teilgenommen hat. Klar, dass wir schnell ins Gespräch kamen! Der Nachmittag und Abend ging schnell rum. Gegenseitiges Besichtigen der Schiffe war ein muss, gemeinsames Grillen, Wein und dann erst der Nachtisch! Ein außergewöhnlicher Gin, den Martin uns da kredenzt hat! 




Der Abend wird mal wieder gekrönt von einem tollen Sonnenuntergang





Nachts zaubert der Vollmond einen silbernen Glanz auf den Kalmarsund


Inzwischen schreiben wir Sonntag, den 22. August. Der heute nördliche Wind reicht für einen Vortrieb in südliche Richtung nicht aus, dreht aber im Laufe des Nachmittages wieder auf Süd. Für morgen prophezeien die Meteorologen einen nördlichen leichten Wind, der später östlich dreht. Ab Mittwoch ist dann wieder mal kräftiger WSW - SW mit Windstärken von 6 - 7 und Regen angesagt. Am besten dann jetzt schnell runter Karlskrona. um dort abzuwettern und vielleicht mal wieder waschen!