Donnerstag, 13. Juli 2017

Haapsalu

Nach der regen- und starkwindbedingten Segelpause in Kuivastu, wo es außer dem Fähranleger nichts gibt, wird es Zeit, wieder Segel zu setzen und die Reise fortzusetzen. Tagesziel ist Haapsalu, ein weiterer estnischer Badeort mit einer mittelalterlichen Bischofsburg.
Der Wind passt mit West Stärke 8 – 10 m/sec ganz gut. Erst mal geht es mit halbem Wind in nördliche Richtung. Im Großsegel wird ein Reff eingebunden, so dass die Schräglage sich in Grenzen hält, jedoch die Fahrt hierdurch nicht vermindert wird. Außerdem muss ich an der Nordostecke der Insel Muhu noch mal auf einen Hochamwindkurs anluven. Das vor mir liegende Fahrwasser ist ziemlich gewunden und führt um einige mit Steinen gespickte Untiefen – teilweise mit weniger als 1 m Wassertiefe - herum. Nach dem Runden der roten Fahrwassertonne von Kumari madal kann ich wieder abfallen und das Reff wird erst mal wieder ausgeschüttet. Es sind jetzt auch wieder ein paar mehr Segelboote zu sehen, im Gegensatz zu den Tagen vorher, als ich das gesamte Gewässer fast für mich allein hatte.
Kurz vor Erreichen der kleinen Rohuküla vorgelagerten Insel Rukkirahu lässt der Wind stark nach. Als dann die Fahrt dann unter 2 kn geht, muss doch der japanische Wind namens Yanmar wieder mithelfen, denn hier ist das Fahrwasser gerade mal 20 m breit, und das muss ich mir auch noch mit der Fähre von Rohuküla nach Hiiumaa teilen.
Die Namen klingen in meinen Ohren irgendwie ein bisschen polynesisch wie z. B. Mururoa oder Fatu Hiva. Ob das wohl an dem prächtigen Sonnenschein liegt? Na ja, die Fähren tragen auf jeden Fall auch das typische estnische Muster, das man hier in mancherlei Bekleidungsartikeln, insbesondere jedoch den gestrickten Pullovern und Jacken wieder findet.

Fähre Rohuküla - Hiuumaa

Nach einer Dreiviertelstunde hat der Wind seine Mittagspause beendet und kommt so langsam wieder zurück. Erst mit 3 kn, dann immer weiter zunehmend, bis Motivatie am Ende vor dem Wind wieder mit gut 6 kn Richtung Zielhafen Haapsalu rauscht. Schade, jetzt hätte es gerne auch noch ein bisschen so weitergehen können! In der eng betonnten Fahrrinne rasch in den Wind gehen, unter laufender Maschine das Großsegel runter nehmen. Ausgerechnet da kommt mir den Tonnenleger entgegen, wartet mit seinem Austausch einer stark verblassten und ramponierten Backbordtonne aber geduldig ab, bis ich fertig bin. Der Kranführer, der die neue Tonne schon vorgeheißt hat, winkt freundlich rüber, streckt den Daumen in die Höhe! Kein Gemecker, kein Gehupe!
Nach dem Anlegen in der Westmeri Marina mit 1a Duschen, die ich später auf jeden Fall noch nutzen werde, mache ich mich bei unverändert sonnig warmem Wetter auf den Weg in den ca. 2 km entfernten Ort.
Der Weg führt an einem Binnensee vorbei, dessen Ufer mit einigen tollen alten Holzhäusern, einem modernen Hotel und einer Kurklinik gesäumt sind. Im Ort angekommen, zeigt ein Schild den Weg Richtung Promenade, der am alten und bestens hergerichteten Kurhaus vorbeiführt

Altes Kurhaus in Haapsalu

Auf dem Weg zur Burg komme ich noch an der Johanneskirche vorbei, die an sich nicht sonderlich spektakulär ist, aber eine Besonderheit aufweist: sie ist im 16. Jahrhundert aus einem ehemaligen Warenlager entstanden und beherbergt einen 1630 entstandenen Steinaltar.

Johanneskirche von 1630 - vorher Lagerhalle!
Beeindruckend hingegen ist mittelalterliche Bischofsburg, die Mitte des 13. Jahrhunderts als Residenz der Bischöfe von Ösel-Wiek erbaut wurde. Obwohl nur noch Teile vorhanden sind, kann man die Ausmaße der Anlage, die von einer 800 m  langen Mauer mit mehreren Wehrtürmen umgeben ist, erahnen. Die Besichtigung des einschiffigen Domes, die als größte einschiffige Hallenkirche Nordeuropas gilt, erspare ich mir allerdings, weil ich mich noch profaneren Dingen zuwenden muss: ich brauch einen Supermarkt, um dringend benötigten Lebensmittelnachschub und einige andere Dinge des täglichen Gebrauchs zu beschaffen. Die freundliche Kassiererin am Museumskiosk in der Burganlage versorgt mich erst mal mit einem Stadtplan und erklärt in groben Zügen, wie ich dorthin gelange.





Nach nochmals 20-minütigem Fußmarsch durch die  Altstadt erreiche ich das Einkaufszentrum, wo ich alles benötigte finde. Beladen mit Rucksack und zwei Einkaufstaschen zu Fuß zurück zum Hafen? Vor dem Einkaufszentrum lockt ein Taxi, dessen Fahrer zwar kein englisch spricht, jedoch mit Westmeri sadam was anfangen kann und mir bedeutet: 4 Euro. Da brauch ich nicht länger nachzudenken! Nach immerhin 10-minütiger Fahrt werde ich vor dem Eingangstor zur Marina abgesetzt, kostet € 3,70 laut Taxameter, die ich natürlich auf 4 Euro aufrunde.

Nach dem Verstauen der Lebensmittel gönne ich mir eine ausgiebige Dusche in den wirklich ausgezeichneten Sanitärräumen und läute den immer noch sonnigen Abend mit einem Glas Wein und einem Käseimbiss im Cockpit ein.

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