Dienstag, 25. Juni 2019
Grebbestad – Kostersundet
Heute gibt es so den richtigen Wind, um in Ruhe und
trotzdem einigermaßen Fahrt im Schiff das Segeln um und zwischen den Schären,
Inselchen und Felsbrocken zu genießen. Das erste Stück ist einfaches Dahersegeln
mit reichlich Platz. Vor dem Havstesundet wird es allerdings immer enger und
der Wind macht die übliche Mittagspause. Durch den Sund ist sowieso Motoren
angesagt, da der Wind dem Sundverlauf folgend genau von vorn kommt. An der
engsten Stelle ragen die Felsen auf beiden Seiten recht steil auf. Auf der
Steuerbordseite markiert nachts ein Leuchtturm mit seinen verschiedenen
Sektoren die freie Durchfahrt. Damit man ihn auch tagsüber gut erkennt, ist
nicht nur der Leuchtturm weiß gestrichen, sondern der umgebende Felsen auch
noch mal, zusätzlich mit einem schwarzen Rand versehen. Am Ende des Sundes
weitet sich das Fahrwasser zwar etwas, aber erst nachdem man Resö und die
Inseln Stora Snart und Bissen passiert hat, kann es unter Segeln Richtung
Kosterinseln weitergehen. Es ist zwar eine Kreuz, aber die macht sogar richtig
Spaß. Relativ glattes Wasser, Wassertiefen durchweg über 100 m, der Wind reicht
durchweg für 5 – 5,5 kn. Doch was ist das? Nur noch 4,70 m Wassertiefe? Hier
sollten es doch laut Karte min. 80 m sein, mal abgesehen von einer flachen
Stelle mit 2,40 m, die aber weiter südlich liegen müsste. Sicherheitshalber
instinktmäßig erst mal genau auf Gegenkurs und beiliegen – da war ja nichts.
Nochmalige Kontrolle der Position und dann geht mir auch ein Licht auf: das
Echolot hat bei größeren Wassertiefen häufig das Problem, dass es sich selbst
nicht glaubt und vorsichtshalber noch mal „von vorne anfängt zu zählen“.
Deshalb die 4,7 m! Also weiterfahren! An Steuerbord passiert eine große X,
sicherlich über 40 Fuß, namens Xenia – aber unter Motor?! Muss man nicht
verstehen. Nach ein paar Kreuzschlägen kann ich abfallen und in den Sund
zwischen Nord- und Südkoster einbiegen. Wohin aber jetzt? Nach Ekenäs oder
Klostersundet? Ich entschließe mich für letzteres, segle aber trotzdem einmal
den kompletten Sund runter. Dort ist auch ausreichend Platz, die Segel zu
bergen und in Ruhe aufzutuchen. In Klostersundet finde ich einen Platz als 3.
Boot im Päckchen neben einem dänischen Schiff aus Bogense – die sind gleich mit
3 Booten hier – und innenliegend einer relativ neuen Linjett 34. Schönes
Schiff!
Beim Gang zum Hamnkontor werde ich von Skipper der
„Xenia“, einer X 442 angesprochen: „Hast schön gesegelt, sah richtig toll aus!“
Auf die Frage, warum sie denn nicht auch gesegelt sind, kriege ich zur Antwort,
dass die Hälfte der aus vier Männern bestehenden Besatzung am Pennen war und
außer dem Skipper keiner Bock hatte, das Großsegel auszupacken und zu setzen!
Mittwoch, 26.
Juni 2019 Klostersundet – Östre
Bolaerne
Nach dem Frühstück und Aufklaren der Pantry gibt es erst
mal einen Spaziergang Richtung Lotsenbeobachtungsstation und den beiden
Leuchttürmen. Nach dem Regen am Morgen ist alles feucht und bei der jetzt
aufkommenden Sonne entwickelt sich eine saunaartige Luft. Der Weg führt durch
den Wald, bestehend aus Kiefern, Eichen, Eschen und Birken, dazwischen hier und
da auch mal ein Wacholderbusch. Auf einer Wiese steht eine „Maistang“, die
statt der üblichen einzelnen Querstange und zwei Kränzen eine zweite Querstange
und zwei zusätzliche Kränze aufweist. Daneben liegt ein inzwischen verwelkter
Blumenkranz, den in Schweden zu Midsommarafton fast alle tragen.
Leuchtturm auf Nordkoster |
Lotsenbeobachtungsstation auf Nordkoster |
Vom Leuchtturm hat man eine phantastische Aussicht auf die
Inselwelt und den Sund. Mit einem Pärchen, das sich von gemeinsam vor dem
Leuchtturm ablichten lässt, erfahre ich im Gespräch, dass sie mit dem Wohnmobil
unterwegs sind und von hier an auf dem Rückweg sind, da sie das Ding zu einem
bestimmten Termin in der Nähe von Unna abgeben müssen. „Ach“, sage ich, „in der
Nähe von Unna wohnen auch Freunde von mir, in Fröndenberg.“ „Ja, genau da
müssen wir das WoMo abgeben, dort bin in zur Schule gegangen!“ Die Welt ist
klein, und natürlich sagt ihm der Name Andreas Hennemann, der in Dellwig ja
bekannt ist wie ein bunter Hund, auch etwas!
Inzwischen ist auch der Wind erwacht, wenn auch noch etwaw
müde Trotzdem – ich will weiter! Es ist zwar NNW, aber Gott sei Dank muss ich
ja Richtung Norden, also da geht hoch am Wind sicherlich was. Zwischendurch
schwächelt er zwar mal wieder, aber ich will ihn auch nicht gleich gänzlich mit
dem Yanmar Zeit vertreiben. Meine Geduld wird belohnt, und nach einer
geschätzten halben Stunde kommt er zurück und dreht zudem
entgegenkommenderweise weiter westlich bis südwestlich, do dass ich sogar den
Leuchtturm Tristenene fast anliegen kann. Ein kleiner Holeschlag, den ich aber
nur zur Sicherheit mache, lässt das Leuchtfeuer gut an Steuerborg liegen. Dort
liegen auch die ganze Zeit schon interessant aussehende Inseln und Inselchen,
aber jetzt reizt der Oslofjord zu sehr, um mich davon noch einmal aufhalten zu
lassen.
Ja, es war schon eine interessante, faszinierende und in
navigatorischer Hinsicht ab und an auch herausfordernde Inselwelt im Bohuslän,
von der ich sicherlich nur gerade mal die Oberfläche angekratzt habe. Aber hier
könnte man ja auch vermutlich jahrelang segeln, ohne eine einzige Insel bzw. Schäre ein zweites Mal ansteuern zu müssen.
Zeit für den Wechsel der Gastlandflagge |
Kurz hinter Tristenene kann ich ein wenig Schrick in die
Schoten geben und erfreue ich, wie Motivatie bei gleichzeitig leicht
zunehmendem Wind gute 6,5 kn Fahrt durchs Wasser macht. Leichter Gegenstrom
reduziert leider unsere Geschwindigkeit über Grund. Die ersten Inseln im
Oslofjord bleiben an Steuerbord: Söndre Söster, Nordre Söster und Struten mit
seinem Leuchtturm scheinen jeden Neuankömmling zu begrüßen. Es ist jetzt total
entspanntes Segeln, tiefes Wasser, guter Wind und erst mal keine Hindernisse.
Wenn es so weiterginge, möchte man am liebsten bis Oslo durchsegeln. Aber das
sind noch über 50 Meilen.
Ankunft im Oslofjord - Struten mit seinem markanten Leuchtturm und Nebengebäuden |
An backbord kommt gleich die kleine Inselgruppe mit Östre,
Mellem und Vestre Bolaerne. Ich folge Emalocas Spuren und segle bis kurz vor
Östre Bolaerne, um dort die Nacht zu verbringen. Emaloca heißt das Schiff von
Gerd und Anke, die ich auf Anholt kennen gelernt hatte und die mir diesen Tipp
gegeben hatten.
Nach 32 Meilen – seit längerem mal wieder eine gescheite
Etappe – sind die Leinen fest; diesmal die Komfortlösung mit Seitensteg.
Donnerstag, 27 Juni 2019
Östre Bolaerne – Moss
Die Insel war früher militärisches Sperrgebiet und wurde
Mitte der siebziger Jahre als Festungsinsel ausgebaut. Diverse Bunker,
Geschütztürme und Beobachtungsposten sind museumsmäßig hergerichtet und wer
möchte, kann auch eine geführte Besichtigungstour unternehmen. Zufällig komme
ich mit einem Mann ins Gespräch, der mit seiner Frau und seinen Enkelkindern
unterwegs ist. Er hat selbst vor 40 Jahren seinen Militärdienst auf dieser
Insel absolviert und könnte mit Sicherheit einiges erzählen. Wir sind uns
jedoch beide insoweit einig, dass wir froh und dankbar sein dürfen, dass
derartige Einrichtungen in den letzten mehr als 70 Jahren nur der Abschreckung
gedient haben und alle hoffen, dass die Donalds, Vladimirs und Kims nicht
erneut eine Situation heraufbeschwören, die derartige Dinge wieder notwendig
macht.
Der Hafen von Östre Bolaerne |
Geschützturm der ehemaligen Befestigung - heute nur noch museales Ausstellungsstück |
Die Weiterfahrt in den Oslofjord gestaltet sich heute
etwas schwierig. Der anfänglich halbwegs passable Wind aus NE dreht recht bald
auf N-NW und nimmt dann auch noch ab. Letztlich muss dann doch wieder der
japanische Wind namens Yanmar ran und es soll nach Moss gehen. Das
Hafenhandbuch weist den Hafenkanal als Gästehafen aus. Dort liegt kein einziges
Boot und das Fährterminal für die Fähre nach Horten auf der gegenüberliegenden
Seite ist nur 50 m entfernt.
Ich will dann doch mal versuchen, im Vereinshafen, den ich
bei der Einfahrt an der Backbordseite gesehen hatte, einen Platz zu bekommen,
was sich dann auch als völlig problemlos herausstellt. Problematischer ist dann
schon die Entrichtung der Hafengebühr: hier ist Cash noch King. Also heißt es
dann erst mal einen Gang in den Ort anzutreten. Bei der DNB (Den Norske Bank)
bekomme ich am Automaten entsprechend bares. Gerade noch rechtzeitig kam mir
der Gedanke, am besten NOK 1.200,00 abzuheben, damit ich dann wenigstens
passende Scheine hatte, um die Hafengebühr von 200,00 Kronen per Briefumschlag
in den Kasten werfen zu können.
Meine Nachbarn, ein älteres norwegisches Ehepaar,
verfolgen gespannt das Finale der Frauenfußball-WM: Norwegen gegen England, was
dann leider Norwegen verliert. Ist nicht so schlimm, meine ich, Deutschland hat
das Finale erst gar nicht erreicht! Von den beiden erfahre ich, dass sie
Düsseldorf sehr gut kennen, weil ihr Schwiegersohn 10 Jahre als
Profi-Eishockeyspieler bei der DEG gespielt hat und ihre Tochter dort studiert
hat und demzufolge fließend Deutsch spricht. Immer wieder interessant, wie
klein die Welt doch manchmal ist.
Freitag, 28. Juni 2019
Heute soll es nach Oslo gehen! Wind: null. Ich stelle mich
schon mal auf eine Motortour mit ca. 35 sm ein und lasse – ganz entgegen der
sonstigen Gewohnheit – auch die Persenninge drauf. Ich bin noch nicht ganz
draußen und stelle fest: es gibt doch Wind! Also runter mit dem blauen Tuch,
Segel hoch. Und siehe da: es reicht4 für knapp 5 kn! Nicht ganz unerwartet
lässt es dann später wieder nach, aber nur vorübergehend. Während der Passage
unter Motor kommt eine Comfortina 39 aus Deutschland langsam auf und kommt auf
ca. 3 m ran. Ob ich auch nach Oslo will und wenn ja, in welchen Hafen. Ich
hatte gerade vorher telefonisch beim Frognerkilen Batforening 1860 einen
Liegeplatz reserviert, was sehr ratsam ist, und diesen Tipp einschl.
Telefonnummer weitergegeben.
Kurze Zeit später kehrt auch der Wind zurück. Diesmal aus
Süd, also genau von achtern. Probeweise geht das Großsegel hoch. Tatsächlich,
es reicht, um vorwärts zu kommen. Die Fock folgt und wird an Backbord
ausgebaumt. Der Gedanke, den Blister als Spinnaker zu fahren, verwerfe ich
schnell wieder, weil es spätestens bei Dröbak sehr eng wird und dann ist man
mit der Fock doch etwas besser manövrierfähig. Und es reicht auch so für bis zu
5,5 kn! Auf der Comfortina voraus wird der Spinnaker gesetzt. Das AIS verrät
mir aber, dass sie auch nicht viel schneller sind. Außerdem habe ich so mehr
Muße, die Fahrt in den Fjord zu genießen. Dröbak mit seiner interessanten
Bebauung wird schnell passiert. Immer wieder sind an den Hängen wirklich tolle
Häuser, teils villenartig, mal altertümlich, mal modern, zu betrachten. Ja, die
Norweger scheinen teils doch über beträchtliches Vermögen zu verfügen!
Dröbak im Oslofjord |
Schnell habe ich sich vor Oslo öffnende weite Bucht
erreicht. Hier nimmt der Bootsverkehr natürlich noch mehr zu. Es ist ein
ziemliches Gekabbel, was die vielen Motorboot, Fähren und sonstigen Schiffe
verursachen. Die Fock geht kurz dem Leuchtturm, der auf der Miniinsel Dyna
steht, runter. Das Großsegel bleibt aber oben. Im Frognerkilen ist mehr als
ausreichend Platz und deutlich ruhigeres Wasser, um das Großsegel
runterzunehmen und die Fender und Leinen anzubringen.
Mein zugewiesener Platz ist Nr. 42 an Brücke 2. Aber
welche Seite? Vor der Brücke liegt einer mit einem Schlauchboot. In der
Annahme, es ist der Hafenmeister, frage ich mal, auf welcher Seite die denn
ist. Er zuckt die Achseln, fährt aber los, um mal nachzuschauen und winkt mir
zu und zeigt auf die freie Box. Da die Boxengasse recht eng ist, fahre ich
rückwärts rein, um dann vorwärts gegen den Wind in die Box eindrehen zu können.
Fertig – Leinen fest!
Frognerkilen Batförening 1860 - mein Liegeplatz für die Zeit in Oslo |
Das Navi würde jetzt sagen: Sie haben Ihr Ziel erreicht!
Nach dem Bezahlen der Hafengebühr gibt es erst mal ein
Anlegerbier und dann schauen wir weiter.
Bis Oslo sind jetzt lt. Logge 600,6 sm zurückgelegt, davon
seit Kopenhagen 425,3 sm.
Es war schon ein erhebendes Gefühl, einmal auf eigenem
Kiel in den Oslofjord einzufahren. Und auch der ganze Törn hat sehr viel Spaß
gemacht. Ja, es war manchmal anstrengend, so konzentriert zu segeln,
insbesondere in den Schärenfahrwassern, wo ich permanent die Seekarte im Blick,
wenn nicht sogar in der Hand hatte, um Karte und Realität miteinander
abzugleichen. Der Blick auf die GPS-Koordinaten oder manchmal auch aufs iPad
mit der Navionics-Software war dann zusätzlich häufig sehr hilfreich!
Weitere Berichte und Bilder des bisherigen Törns werden im neuen Blog "motivatie2norway.segelnblogs.de""
zu finden sein
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