Donnerstag, 20. Juni 2019 Käringön - Henan
Eindrücke aus Käringön |
Wie so oft, regnet es morgens mal
wieder. Und mal wieder nicht unangekündigt. Wenn schon Dusche, dann auch für
mich! Der nach Duschen und Frühstück nur noch leichte Regen hält mich nicht
davon ab, noch mal einen Spaziergang zu machen. Die Beschreibung in Claussens
Schwe denführer fordert auch geradezu heraus, der kleinen Inselkirche noch einen
Besuch abzustatten. Diese ist wohl erst relativ spät auf der Insel errichtet
worden, weil die nächstgelegene Nachbargemeinde, bei der man allerdings für den
Kirchgang die beschwerliche und nicht ungefährliche Fahrt mit dem Ruderboot auf
die große Nachbarinsel Orust auf sich nehmen musste, die Errichtung einer
eigenen Kirche aufgrund des drohenden Verlustes der Kirchgänger und ihrer
Spendenbereitschaft dies zu verhindern suchte – allerdings vergeblich.
Einer der Pfarrer verpflichtete
die Einwohner Käringöns dazu, bei jedem Besuch der Nachbarinsel ein Säckchen
Muttererde, die er für die Anlage des Pfarreigartens dringend benötigte,
mitzubringen.
Die Kirche spiegelt die
bescheidenen Verhältnisse wider, ist aber mit ihrem grünen Tonnengewölbe und
einigen Ausstattungsgegenständen nicht uninteressant. Natürlich dürfen hier
auch einige Votivschiffe, wenn auch recht bescheiden, nicht fehlen.
Um 14 Uhr mache ich mich auf den Weg,
nachdem ich vorher beschlossen habe, dass der Regen jetzt vorbei ist – zur
großen Belustigung meines norwegischen Nachbarn.
Bei recht schwachem Wind geht es
Richtung Orust – vor dem Wind, deshalb auch recht langsam. Gullholmen, das
eigentlich auch lt. Handbuch zum Verweilen einlädt, bleibt an Backbord liegen.
Hinter Gullholmen biege ich nach Osten an und kann etwas anluven und die
„Werftentour“ starten. Als erstes kommt an Steuerbord Ellös, Heimat der
Hallberg Rassy-Yachten. Ich fahre allerdings nicht ganz bis in die Bucht,
sondern drehe vorher ab. Es folgt eine enge Passage, bevor sich der Lökskären
Fjord öffnet. An Steuerbord passiere ich Kungsviken, wo die Malö’s gebaut
werden. Gegenüber ist die Einfahrt Richtung Bassholmen, aber das soll morgen
erst dran sein. Am Ende biege ich in den Hafen von Henan ein. Dort wurden die
Najad-Yachten gebaut. Nach Verlagerung der Produktion der Rümpfe nach Amal
erfolgt in Henan jetzt noch der Innenausbau und die Montage.
Soweit die Werften-Tour.
Beim Anlegen (mit Heckboje) drückt
stark quer setzender Strom den Bug immer weiter nach Steuerbord, so dass ich
gar nicht an den Steg komme. Ein freundlicher Nachbar nimmt aber meine Vorleinen
an und zieht mich rum. Er selber hat wohl die gleiche Erfahrung gemacht.
Zum Bezahlen der Hafengebühr ist
es schon zu spät. Bo, der auf seiner Spaekhugger an seinem Yamaha-Außenborder
werkelt, nennt mir aber freundlicherweise den Code für die Sanitäranlagen.
Freitag, 21. Juni 2019 Henan – Stora Kornö
Der Morgen beginnt mit einem Schrecken.
Die Elektroanlage scheint nicht mehr zu funktionieren. Es kommt kein Strom an.
Sollte etwa der FI-Schalter mal wieder überempfindlich sein. Der wird
kurzerhand rausgenommen, das Ergebnis ist trotzdem unverändert. Das Ladegerät
zeigt einmal 0 Spannung und 0 Ladestrom an, bevor es ausgeht. Mit dem langen
Stromkabel geht es direkt an dias Ladegerät, ohne das Bordnetz anzusprechen.
Ergebnis: das Gleiche.
Sollte etwa die Steckdose am Steg
nicht in Ordnung sein? Ich probiere mehrere Steckdosen aus. Jedes Mal das selbe
Prozedere. An Land – umstöpseln - an Bord – testen – wieder zurück an Land….Die
Kletterei nervt. Ich nehme mir den Wasserkocher mit an Land. Da kann ich gleich
feststellen, ob Strom da ist oder nicht. Erst bei der letzten Säule in der dritten
Steckdose funktioniert es. Also Stecker wieder an die Steckdose im Ankerkasten,
den ganzen Kladderadatsch im Stromkasten wieder ordnungsgemäß verkabeln. Hat
gut eine Stunde Zeit gekostet. Jetzt erst mal duschen. Geht auch nicht, weil
kein warmes Wasser kommt. Auf kalt Duschen hab ich jetzt aber erst recht keine
Lust.
Und jetzt erst mal Frühstück.
Solche Aktionen wie mit dem Strom vor dem Frühstück können sich bei mir ganz
schnell zum Killer des Tages entpuppen. Danach bin ich schon wieder etwas
gnädiger gestimmt. Bo von der Spaekhugger ist gerade dabei, seine Segel
anzuschlagen und zeigt auf seine neue Fock von North Sails – 3DL-Qualität. Ich
soll mir das doch mal ansehen. Ist wirklich interessant. Ich helfe ihm kurz
beim Anschlagen der Fock, wofür er sich sehr bedankt. Als ich von Bord gehe,
fragt er, ob ich noch bleibe oder auch weiter will. Ob ich evt. bereit wäre,
ihn aus dem Hafen zu schleppen, bis er Segel setzen kann. Seinen Motor hat er
nicht ans Laufen bekommen. Und bis zu seinem Sommerhaus könne er bequem segeln.
Natürlich sage ich ihm den Schleppdienst zu .Schon kurz darauf hängt er hinter
mir. In Lee der vorgelagerten Insel will er Segel setzen und ich fahre genau
gegen den Wind, damit er das in Ruhe machen kann. Er setzt das voll Großsegel,
ziemlich happig für den strammen Wind. Als er das Segel oben hat, schmeiße ich
die Schleppleine los und setze auch Segel, das Groß allerdings mit einem Reff,
weil ich auch noch die High Aspect Fock angeschlagen habe.
Der Wind ist schon nett. Ich bin
froh, dass ich das Reff drin habe. Bo mit seiner Spaekhugger mit vollem Groß
und Fock hat gut zu kämpfen, sucht dann aber auch in Lee einer Insel etwas
Windschutz, um ein Reff ins Groß zu machen. Danach klappt es besser. Trotzdem
ziehe ich ihm mühelos weg.
Gegenüber von Kungsviken ist es
Zeit, die Segel zu bergen. Dort geht es in das enge Schärenfahrwasser an
Bassholmen vorbei. Das kann man – zumindest bei der jetzigen Windrichtung –
nicht segeln. Das gewundene Fahrwasser schlängelt sich durch die Schären. An manchen
Stellen ist man echt froh, dass kein anderes Boot entgegenkommt. In Bassholmen,
wo es ein kleines Schiffbaumuseum gibt und eine Werft noch nach den alten
Methoden arbeitet, ist leider alles dicht voll gepackt mit Booten. Nicht
ansatzweise eine Chance, noch einen Platz zu ergattern. Schade, das hätte ich
mir doch gerne mal angesehen.
Bassholmen - leider alles voll |
Also geht es weiter. Nach
Passieren der Brücke im Getevikssund mit 15,4 m Durchfahrtshöhe (also gerade
mal 70 cm höher als die Mastspitze incl. Antenne) kann ich die Fock setzen. Mit
ein paar Schlägen unter Fock geht es an Lysekil vorbei. Schon bald taucht an
Backbord Stora Kornö auf, wo ich die Mittsommernacht verbringen möchte.
Tatsächlich ist auch noch ein Platz an der Außenmole frei. Ein freundlicher
Schwede winkt mich heran, so dass ich mir mit ihm die Heckboje teile. Vom
anderen Nachbarschiff nimmt jemand meine Vorleine. Gleichzeitig bekomme ich die
Info, dass heute Abend auf der Mole Midsommarafton gefeiert wird und Musik gibt
es auch. Ein kurzer Rundblick zeigt mir, dass ich der einzige Nicht-Schwede im
Hafen bin.
Das ehemalige Fischerdorf duckt
sich mit seinen Häusern in die umliegenden und teils hoch aufragenden Felsen.
Am Hafen die üblichen Fischerbuden, teilweise als unbehandelte Blockbohlen,
teilweise im üblichen Schwedenrot.
Am Fähranleger hat inzwischen ein
toller traditioneller Zweimaster, den ich bei meiner Ankunft vor Lysekil mit
vollen Segeln und eine Wahnsinnsfahrt nach Norden habe segeln sehen, angelegt.
Um 20.00 Uhr ist es soweit –
Musik! Ein Gitarrist, eine ältere Dame mit Akkordeon und eine jüngere mit
Violine spielen Live. „Trubadurunderhallning för Midsommarafton pa Stora Kornö“
könnte das Programm auf schwedisch lauten. Das Repertoire ist vielseitig.
Bekannte Walzermelodien mit schwedischen Texten, dann auch mal moderneres (z.B.
Creedance Clearwater Revival), dann Tango! Einige wagen auch ein paar
Tanzschritte, die auf dem asphaltierten Hafengelände natürlich beschwerlich
ausfallen. Und um 23.00 Uhr ist dann auch alles vorbei. Man feiert vielleicht
noch in den Häusern bzw. auf den Booten weiter, aber zu hören ist nichts mehr.
Samstag, 22. Juni 2019 Stora Kornö - Malmön
Nach einer unruhigen Nacht bläst
es morgens unverändert weiter. Der Steinbock will auf die Felsen! Immer wieder
erstaunt mich die Faszination, die für mich von diesen Granitbrocken ausgeht.
Wahnsinn, dass es die schon gab, bevor die Menschheit überhaupt den Planeten
besiedelte. Hier kann ich auch nicht normal gehen, sondern springe von einem
Stein auf den anderen. Auf der anderen Seite der Insel treffe ich eine ältere
Frau, die etwas zu sammeln scheint. In einer kleinen Dose hat sie eine Handvoll
Beeren, die wie Mini-Erdbeeren aussehen. Sie sagt, dass diese ein viel
intensiveres Aroma als die normalen Erdbeeren haben und sie nennt mir auch den
Namen: Mjultron – habe ich im Langenscheidt allerdings nicht finden können. Von
ihr erfahre ich auch, dass es so gut wie keine Dauerbewohner, die das ganze
Jahr über auf Stora Kornö wohnen, mehr gibt. Es sind viel mehr fast
ausschließlich Sommerhäuser, die nur eine begrenzte Zeit während der
Sommermonate genutzt werden. Danach ist die Insel quasi ausgestorben.
Am späteren Nachmittag scheint es
abzuflauen, viele Boote verlassen den Hafen. Auch meine Nachbarn legen ab. Das
ist praktisch, kann ich doch dann beim Ablegen einfach den Bug rumschwenken
lassen und dann in Ruhe die Achterleine mit dem Bojenhaken einholen.
Nur unter Fock fahre ich nur
weiter zum nächsten Hafen, Malmön, wo es eine Marina mit allen erdenklichen
Einrichtungen gibt. Eine gute Gelegenheit, mal wieder zu waschen. In den
letzten drei Wochen hat sich doch einiges angesammelt.
Sonntag, 23. Juni 2019 Malmön – Trinisla
Unter Motor lege ich die 5 sm bis
Smögen zurück, das man mal besucht haben muss. Sehen und gesehen werden ist hier
das Motto. Ich fahre einmal den Hafenkanal rein und wieder raus und finde den
Rummel eigentlich nur schrecklich. Zu viele Leute, Geschäfte, Restaurants,
Bars, Diskothek. Schnell weg hier.
Ich will weiter nach Norden,
entweder außen vorbei und anschließend Richtung Hamburgsund oder innen durch
den Sotekanalen. Ich finde, bei dem jetzt anständigen Wind muss ich mal wieder
etwas mehr Wasser um mich rum haben. Also Segel hoch und erst mal ein Stück
rauskreuzen. Später kann ich dann etwas abfallen. Motivatie beschert mir fast 7
kn Fahrt, und dank mitlaufendem Strom sind es über Grund sogar knapp 8 kn.
Nach einer Weile – bei Uggenabben
– geht es zurück in die Schären. Die Insel Hamburgö lasse ich an Steuerbord
liegen und umrunde sie von Norden und fahre einmal in den Hamburgsund rein.
Tolle Häuser auf beiden Seiten säumen den Fjord, überall am Ufer Bootshäuser.
Der Versuch, in Hamburgsund anzulegen, scheitert, weil alle Gastplätze belegt
sind.
Im Hafenführer von Claussen habe ich eine kleine Insel
nicht weit weg entdeckt, die sich prima eignet, um mit dem Bug am Felsen und
vor Heckanker anzulegen. Mit ganz langsamer Fahrt unter Motor taste ich mich an
den Felsen, den ich mir zum Anlegen ausgesucht habe. Prima, keine Steine im
Weg. Dann erst mal wieder zurück, um ca. 25 m vor dem Felsen den Heckanker
fallen zu lassen. Jetzt drückt der Wind den Bug wieder weg, so dass ich nicht
an den Felsen komme. Also nochmals zurück, neuer Anlauf mit mehr Spielraum von
der Ankerleine und dann komme ich auch den Felsen. Erst mal nur eine Vorleine,
dann wieder Ankerleine dichtholen und eine zweite lange Vorleine an Land, wo
der schwedische Kreuzerklub dankenswerterweise eine ganze Reihe von
Festmacheraugen platziert hat. Also können Felsnägel und Fäustel in der
Backskiste bleiben.
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