Dienstag, 11. Juli 2017

Riga/Lettland bis Pärnu/Estland

Donnerstag, 6. Juli 2017

Morgens scheint wieder die Sonne. Gleich nach dem Frühstück geht es wieder los, jeden Morgen dasselbe Ritual: Großsegelpersenning ab, Fockpersenning ab, Großfall anschäkeln, Leinen zum Ablegen klarlegen, Motor starten, kurze Warmlaufphase, Rettungsweste an und ab geht es. Es dauert einhand natürlich etwas länger, bis die Fender und alle Leinen verstaut sind, aber dank Gustavs Unterstützung ist auch das leicht zu machen. Gustav ist meine Selbststeueranlage, die einwandfrei den vorbestimmten Kurs hält, ohne dass ich die Pinne bedienen muss.
Nachdem am Ende der Fahrrinne die Segel oben sind, macht es auch richtig Spaß. Statt wie vorhergesagt aus Nordwest kommt der Wind aus West-Südwest. Angenehmes Segeln mit guter Geschwindigkeit, nur leichte Wellen – kurzum Kaiserwetter.

Am Nachmittag ziehen dunkle Wolken auf, aus denen in der Ferne auch Regen fällt. Nur in der Ferne? Nein, leider auch direkt über uns. Gott sei Dank war das so offensichtlich, dass ich mir rechtzeitig die Regenkluft anziehen konnte. Es brist in Böen auf gut 6 Windstärken auf. Motivatie schießt eine ganze Zeitlang nicht unter 7 kn Richtung Ziel. Eine der letzten bringt aber noch mal richtig Power mit, so dass ich doch die Fock runternehme. Als die Bö durch ist, geht die Fock wieder hoch. Allerdings lässt der Wind bald so stark nach, dass die Fahrt unter 3 kn abfällt, so dass dann doch wieder der Motor mit ran muss. Als ich dann beide Segel geborgen habe und gescheit aufgetucht habe, kommt der Wind noch mal zurück. Jetzt noch mal alles auspacken und wieder hoch? Macht keinen Sinn, denn die Hafeneinfahrt ist jetzt schon nahe, und es dauert dann auch keine halbe Stunde mehr, bis wir die Molenköpfe passiert haben. Auf der Steuerbordseite erstreckt sich ein weiter Strand, der am Rand gesäumt ist von Hotelbauten.
Schließlich erreichen wir den Jachthafen von Pärnu und um 18 Uhr sind die Leinen fest. Der Hafen gefällt mir auf Anhieb. Saubere Steganlagen mit Elektroversorgung und Wasser, Heckbojen. An Land stehen jede Menge Optis, Laser, Zoom. Hier wird ausgebildet und auch ansonsten spricht viel für rege Regattaaktivitäten. An der Rezeption, die sich im Clubrestaurant befindet, werde ich auch gleich darauf hingewiesen, dass ich bis maximal 10.7. bleiben kann, da am 11.7. ca. 80 – 100 teilnehmende Schiffe an der Moonsund Regatta erwartet werden.
Da der Jachtclub über Waschmaschine und Trockner (2 in 1) verfügt, lasse ich mir den Schlüssel geben und stell schon mal eine Maschine Wäsche an. Dauert ca. bis 0.00 Uhr. Na ja, muss ich dann halt noch mal rübergehen. In der Erwartung, dass dann alles einschließlich Trockenvorgang beendet ist, marschier ich um 12 Uhr noch mal los. Leider ist die Waschmaschine gerade erst beim letzten Schleudergang! Also noch mal 10 Minuten warten und den Trockenvorgang starten. Dauert auch noch mal rund 4 Stunden! Das kann ja lustig werden. Ich hab noch 2 Maschinen zu waschen!

Pärnu, 7. und 8. Juli 2017

Heute will ich mir Pärnu, sechstgrößte Stadt und Sommerhauptstadt Estlands, mal anschauen. Es gibt hier ja doch einiges zu sehen. Der Spaziergang in den Ort führt über eine kleine Drehbrücke, die die Zufahrt zu einem weiteren kleinen Hafen, der allerdings nur für kleinere Boote geeignet ist, überspannt und anschließend durch einen Park, der am Tallinner Tor endet.
Tallinner Tor - letztes Überbleibsel der Stadtmauer und Verteidigungswall
Die Innenstadt weist die für uns jetzt schon einigermaßen gewohnte Mixtur aus alten Häusern in den unterschiedlichsten Unterhaltungszuständen, teils aus Holz, teils aus Stein aus den unterschiedlichen Epochen auf. Natürlich ist auch hier der sowjetische Einfluss in recht nüchternen Zweckbauten unübersehbar.








Allerdings hat auch die Zarenzeit dazu beigetragen, dass Pärnu sich im 19. Jahrhundert, als es russische Garnisonstadt war, gut entwickeln konnte. So hat z.B. Katharina der Garnisonsstadt eine Kirche gestiftet, die natürlich ihrer Namenspatronin gewidmet wurde. Auch findet sich eine Villa Katharina aus der gleichen Zeit. Neben anderen kleinen Villen älteren und auch neueren Datums sticht allerdings die Jugendstilvilla des Großhändlers Ammende, die heute als kleines aber exklusives Hotel genutzt wird, als besonders prachtvoll hervor.
Elisabethkirche
Katharinakirche

Villa Amende

Von dort aus ist es auch nicht mehr weit an den Strand. Zunächst kommt man aber am 1880 unter deutscher Regie erbauten „Kuursaal“ vorbei. Am Strand gibt es historisch bedingt den sog. „Ladies Beach“, wo seit Jahrzehnten die Damen textilfrei die Sonne genießen. Ein entsprechendes Schild weist die Strandbesucher darauf hin und bittet, die private Atmosphäre zu respektieren.
Am Strand wird einiges an Aktivitäten geboten: Beachfußball, Beachvolleyball, Frisbee, eine  kleine Gruppe von Chearleadern probt eine neue Choreographie. Dazu natürlich diverse Strandlokale, Restaurants, Hotels, halt alles, was einen so Badeort so ausmacht.
Auch in der Innenstadt reiht sich ein Restaurant an das nächste. Und bei dem prächtigen Wetter ist alles sehr gut besucht. Da fällt es einem als Einzelperson schon mal schwer, noch einen freien Tisch zu ergattern, um mal ein Bier oder einen Wein zu trinken.
In der Villengegend, in der ich mit dem Mietfahrrad unterwegs bin, finde ich allerdings in „Villa Pepermunt“ einen freien Tisch. Zu drei Jakobsmuscheln mit Sauce Rouie (superlecker!) genehmige ich mir ein Glas Weißwein. Danach geht es wieder zurück in die Stadt und zum Boot. Der Weg führt am Pärnu Jogi (Fluss, der der zeitweise zur Hanse gehörenden Stadt ihren Namen gab) vorbei und führt über die wohl erst in den letzten Jahren neu gestaltete Uferpromenade. Interessant fand ich die Beleuchtung in Form senkrecht stehenden Ruderriemen.

Uferpromenade am Pärnu Jogi
Am Samstagabend findet in der Stadt das Worldmusic Watergate Festival statt, bei dem neben einem international besetzten Orchester auch Bands aus Jemen/Israel, Senegal, Estland, Russland und Finnland auftreten. Leider sind keine Zutrittskarten mehr für das im Park stattfindende Festival mehr zu bekommen. Als es dann gegen 20:00 Uhr losgeht und ich bei einem Abendspaziergang den Lautstärkepegel und die für mich befremdliche Art von Musik mitbekomme, finde ich das gar nicht mehr so schade.
Leider ist am Abend auch kein Platz mehr im Restaurant des Jachtklubs zu ergattern. So wird es dann doch wieder mal ein Abendessen ein Bord - letztlich auch nicht schlecht. 


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