Dienstag, 4. August
2020
Obwohl ich mit meinem Frühstück für meine Verhältnisse
recht schnell und zeitig fertig bin, ist ein Großteil der benachbarten Schiffe
schon ausgelaufen. Bei mir wird es dann doch wieder fast zehn Uhr, als ich die
Leinen löse und unter Motor die enge Ansteuerungsrinne durchfahre, an deren
Ende ich die Segel hochziehe. Der Wind ist ziemlich mau und so wird die Fock
schon nach kurzer Zeit wieder geborgen und der Blister gesetzt. Damit erreiche
ich zumindest schon mal 5 kn. Der Wind raumt immer mehr auf Südost und so wird
der Blister kurzerhand zum Spi umfunktioniert. Damit geht es dann auch eine
ganze Zeit ganz gut, bis auf einmal innerhalb einer Minute der Wind weg ist.
Also wird der inzwischen nutzlose Spi geborgen, zumal auch vor Kalmar das
Fahrwasser immer enger wird und für eventuelle Ausweichmanöver unter Spi kein
Platz ist.
Ich ziehe zwar die Fock wieder hoch, stehe aber mehr oder weniger mit schlagenden Segeln auf der Stelle. Der Windex kreiselt wie wild im Masttopp. Es dauert ein wenig bis mir klar wird, dass ich genau unter einer Wolke und dem Zentrum eines Minitiefs liege. Also doch Motor an und ein Stück weiterfahren und nach nicht mal 5 Minuten ist wieder Wind da, jetzt allerdings aus West. Kurz vor Erreichen des engen Fahrwassers kommt ein Frachter von achtern auf. Ein Blick aufs AIS zeigt mir, dass er doppelt so schnell ist wie ich. Nach kurzer überschlägiger Berechnung stelle ich fest, dass er mich genau an der allerengsten Stelle überholen wird. Also einmal auf Gegenkurs gehen, den Frachter passieren lassen und wieder zurück auf den alten Kurs. Das Ganze hat mich gerade mal 10 Minuten gekostet, dem Steuermann des Frachters, der sich mit ein paar Huptönen bedankt, aber sicherlich einiges an Nerven gespart.
Beim passieren der Hafeneinfahrt nach Kalmar bin ich leicht in Versuchung, doch die Segel runterzuholen und in den Hafen einzulaufen. Andererseits ist gerade schöner Wind und Motivatie läuft mit 6 kn Richtung Kalmarsundbrücke. Nein! Es wird weitergesegelt! In der Abdeckung von Kalmar wird es etwas schwächer aber kurz darauf bläst der Wind mit etwa 4 Windstärken und das Wasser ist total glatt, keine Welle! Gegenüber der Halbinsel Skäggenäs liegt Stora Rör, das Wilfried Erdmann so toll fand. Hier rein? Ein Blick in den Hafenführer zeigt aber, dass der Hafen nach Westen hin offen ist und bei dem Westwind jetzt mit ordentlich Schwell im Hafen zu rechnen ist. Also geht es weiter bis Borgholm, dessen Schlosssilhouette schon seit längerer Zeit erkennbar ist. In der Abendsonne leuchtet Schloss Solliden wunderschön. Man könnte da ja am nächsten Vormittag auch noch mal hin und nachsehen, ob „Königs“ noch da sind.
Knapp 3 Stunden nach der Brückenpassage fahren wir in den Hafen von Borgholm, wo entgegen der Erfahrung bei früheren Besuchen viele Plätze frei sind.
Mittwoch, 5. August 2020
Brötchen zum Frühstück? Ja klar! Es gibt hier doch den tollen Bäcker am Ende der Fußgängerzone! Also hin und Brötchen und ein frisches Brot! Den mit frischen Himbeeren und grünem Marzipan vom berühmten „Drottningskaka“ (Prinzessinnentorte) verzierten Spandauern kann ich natürlich nicht widerstehen und so wandern zwei davon in eine Tüte. Auf den Nachmittagskaffee freu ich mich jetzt schon.
Nach dem Frühstück wird die Idee
von der Sollidenbesichtigung in die Tat umgesetzt. Der Weg entlang des
Kalmarsundufers ist der deutlich schönere und ist etwa nur 1,5 km lang und
führt über Estelles Promenad zum Kaffeetorpet und nach weiteren 100 m erreicht
man den Eingang zum Schlosspark. Der Park war wie schon beim letzten Mal sehr
gepflegt und hier und da sah man die Gärtner bei ihrer pflegenden Tätigkeit. Nach
Besichtigung von ein paar pavillonartigen Installationen örtlicher Garten-,
Dekorations- und Einrichtungsbetrieben mache ich mich wieder auf den Rückweg
zum Hafen, denn ich will ja heute auch noch weiter – entweder zumindest bis
Byxelkrok oder lieber noch in die Grankullaviken, eine tolle Ankerbucht an der
Nordspitze von Öland.
Es ist dann doch wieder 14 Uhr durch,
als ich die Leinen löse und aus dem Hafen fahre. Unter Großsegel und Fock geht
es bei Wind aus West, später SSW nach Norden. Die ausgebaumte Fock zieht sauber
mit. Zwei parallel laufende Schiffe, eine 39er mit Rollsegeln und eine etwas
kleinere mit Spinnaker, fallen sukzessive zurück und laufen später auch den
Hafen von Sandvik an, den ich aber an Steuerbord liegen lasse. Wir passieren
Bla Jungfrun und als an Steuerbord Byxelkrok liegt, zeigt die Uhr inzwischen
19:30 Uhr. Doch hier rein? Nein, der Reiz, in Grankullaviken vor Anker zu
übernachten, ist größer. Wo bleibt eigentlich Lang Erik, der Leuchtturm an Ölands
norra udde? Es dauert doch bis 20 Uhr, als er endlich in Sicht kommt.
Kurz danach kommt auch schon die Betonnung
der Einfahrt in die Grankullaviken in Sicht. Segel runter, unter Motor rein! Inzwischen
ist auch das rote Richtfeuer eingeschaltet, so dass die Einfahrt keine Probleme
bereitet. Schließlich fällt umm 20:45 Uhr der Anker auf 5 m. Nach dem üblichen
Prozedere mit Segel abdecken, Ankerball setzen und Ankerlicht einschalten und
einem kleinen Imbiss zum Abend heißt es für mich, in die Koje zu fallen, denn
am nächsten Morgen soll es weitergehen nach Gotland!
Donnerstag, 6. August 2020
Um 9:15 Uhr geht der Anker hoch, viel Seegras bzw. sonstiges Grünzeugs hängen an Ankerkette und Anker. Da heißt es gleich erst mal wieder die Ankerrolle sauber machen. Nach der Ausfahrt aus der Bucht wird das Großsegel gesetzt. Der Wind – auch noch aus Südwest - könnte besser sein. Kommt zudem auch noch genau von achtern. Da ist das mit dem Vorwärtskommen eh schon schwieriger. Also gleich den Blister – geschotet als Spinnaker – gesetzt. Nachdem die Nordspitze Ölands bereits deutlich hinter uns liegt, dreht der Wind weiter auf Süd und da wir auch aus der Abdeckung raus sind, legt er etwas zu. Der Druck auf dem Spibaum und der Zug auf dem Achterholer ist schon ziemlich heftig. Also schnell wieder zum Blister umbauen. Damit erreichen wir zumindest schon mal 6 kn, zeitweise auch mehr und auch die 7 lässt sich ab und an blicken.
Erst kurz vor Erreichen des Leuchtturms Stenkyrkehuk und nochmaligem
Umschoten zum Spinnaker lässt die Fahrt dann doch deutlich nach. Anke und Gert
von der Emaloca warten schon, haben eine Zeitlang die ankommenden Boote von der
Huk aus beobachtet, aber ich war noch nicht dabei. Ich ziehe noch unter Segeln
eben am Leuchtturm vorbei, aber dann geht die Fahrt auch schnell unter 4 kn und
der Diesel muss zu Hilfe kommen.
Unter Spinnaker nähern wir uns der Steilküste von Gotland
Nach 9 ½ Stunden und 56,5 sm ist der Hafen von Lickershamn, auf dessen Mole Gerd und Anke von der Emaloca schon stehen und mir zuwinken, erreicht. Mit ihrer Hilfe ist schnell angelegt. Die freudige Begrüßung fällt natürlich coronamäßig aus, schmälert aber keineswegs die Freude über das Wiedersehen.
Gotlands höchster Raukar mt 24 m ist die Jungfrun, deren Silhouette von der Landseite allerdings deutlich erkennbarer ist
Zudem liegt Ankes Cousin Ernst mit seinem Schiff, das seinen Heimathafen in Västervik hat, ebenfalls im Hafen und so lerne ich noch mal neue, sehr nette und interessante Segler kennen.
Hafen von Lickershamn bei der Ansteuerung
Ein spektakulärer Sonnenuntergang krönt einen wunderschönen Segeltag
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