Sommersegeltörn 2020
Obwohl das Boot trotz Corona-Gedönse bereits Ende April zu
Wasser ging und in Schleswig-Holstein die Häfen auch ab dem 4. Mai wieder
öffnen durften, waren die bisherigen Ausflüge mit dem Boot doch eher dürftig.
Einmal Laboe, einmal Glücksburg – mehr war außer ein paar Segelschlägen vor der
Haustür Schleimünde nicht passiert.
Ich sah den Sommer schon dahin ziehen, ohne einen größeren
Segeltörn zu realisieren. Der Juli hatte sich bislang ja auch nicht von der
allerbesten Seite gezeigt. Und außerdem war auch nicht so ganz klar, ob wir zu
zweit oder ich doch wieder einhand unterwegs sein würde. Und auch das Ziel war
nicht so einfach zu definieren. Für einen Törn nach Norwegen war es einerseits
aufgrund der Corona-Beschränkungen problematisch (gerade aktuell ist erst die
Einreise ohne Quarantäne möglich), andererseits bereits zu spät, um tatsächlich
auch mal um Kap Lindesnes weiter Richtung Norden und dann in die Fjorde zu
kommen.
Start war dann am 21.7. – leider wieder einhand. Es sollte
erst mal Richtung Bornholm gehen. Kartenmaterial und Hafen-/Küstenhandbücher
habe ich vorsorglich jedoch für den gesamten Ostseeraum an Bord, so dass ich
flexibel bin bei der Wahl der weiteren Reiseziele.
Montag, 20. Juli 2020
Nachdem die letzten Besorgungen an Bord verstaut sind, geht es um 10:30 Uhr los. Vor Rabelsund werden die Segel gesetzt und bei einem leichten Nordwestwind geht es gemütlich durch das Schleifahrwasser. Der Leuchtturm Schleimünde bleibt schnell achteraus. Wunschziel für heute ist Fehmarn. Doch schon gegen Mittag fängt der Wind an zu schwächeln. Der Blister geht als Spi geschotet hoch, jedoch als ob Rasmus sich denkt: Wenn der größere Segel setzt, muss ich mich ja nicht mehr so anstrengen….Nachdem die Fahrt unter Blister unter 2 kn absackt und Besserung nicht zu sehen ist, wird das bunte Tuch geborgen und der Motor angeschmissen. Obwohl Kiel Leuchtturm auch schon achteraus liegt, wird dieser wieder angesteuert, denn auf 30 sm unter Maschine bis Fehmarn hab ich auch keine Lust. Kurz vor dem Leuchtfeuer registriere ich, dass es doch wieder Wind gibt und bin erst mal verwirrt, freue mich dann aber darüber, in die Kieler Förde unter Segeln einlaufen zu können. Also: Motor aus, Fock hoch – und ab geht die Post. Mit strammen 6,5 kn geht es in die Förde. Vor Schilksee nehme ich die Segel aber wieder runter, denn ich will in Strande meinen Dieselvorrat auffüllen und über Nacht bleiben.
Das Anlegemanöver vor dem Wind in die Box gelingt
problemlos – da haben sich die gedanklichen Manövertrainings während der Corona-Krise
wohl doch gelohnt!
Das erste Mal dieses Jahr unter Blister
Dienstag, 21. Juli 2020
Bei ähnlichen Wetterbedingungen wie gestern sollte es wohl doch zu schaffen sein, bis Fehmarn zu kommen. Da vom 6.7. bis 4.8. auch keine Schießübungen stattfinden, können die Warngebiete problemlos durchquert werden. Kurz vor der Tonne Kleverberg Ost quere ich das Fahrwasser, um außerhalb des Verkehrstrennungsgebietes bereits auf östlichen Kurs abfallen zu können. Mit ausgebaumter Fock läuft es ganz anständig. Zwischendurch ziehen zwei bedrohlich aussehende Regenfronten auf – eine an Steuerbord über Land mit viel Regen, eine an Backbord mit mäßigem Regen – und ich mittendrin. Vorsorglich ziehe ich schon mal Regenzeug an und warte ab. Und: es passiert quasi nichts! Die beiden Fronten ziehen auf beiden Seiten an mir vorbei und bis auf ein wenig Nieselregen hab ich nichts abbekommen. Allerdings ist danach auch der letzte Wind weg. Da muss wohl doch wieder der Yanmar ran! Da es im Moment nicht so aussieht, als ob da noch was kommt, nehme ich nach der Fock auch das Großsegel runter, das schlägt ohnehin nur unnütz hin und her. Nach etwa einer Stunde Motorfahrt bemerke ich, dass meine Nationale wieder nach vorne zeigt! Aha, da muss doch Wind sein! In der Tat – schnell die Segel wieder hoch und weiter geht es mit ausgebaumter Fock Richtung Fehmarnsundbrücke, die schon seit geraumer Zeit zu sehen ist. Je weiter ich komme, desto mehr nimmt der Wind zu. Nicht ganz unerwartet aufgrund der trichterförmigen Verengung vor der Brücke. Mit Brassfahrt geht es unter der Brücke hindurch, die bei einer lichten Höhe von 22 m mehr als ausreichend hoch ist. Trotzdem sieht es wie immer spektakulär aus, wenn man den Blick – unwillkürlich – nach oben richtet.
Jetzt nur noch durch das betonnte Fahrwasser und dann nach
Backbord. Die drei Hochhäuser von Burgtiefe sind eine ideale Orientierung, aber
auch die grüne Tonne vor der Hafeneinfahrt ist schon gut auszumachen. Kurz
vorher werden die Segel geborgen, Leinen und Fender für das Anlegemanöver
ausgebracht. Schade eigentlich, denn jetzt bläst es mit strammen 5 Windstärken…
Im Hafen von Burgtiefe ist reger Betrieb, der Rundsteg
mehr als gut belegt. Trotzdem finde ich nach einigem Suchen noch eine freie
Box. Ist zwar auch wieder mit Wind von achtern, aber mit den über die Winsch
gelegten Achterleinen kann man das Boot gut kontrolliert bis an den Steg
bringen, wo allerdings dankenswerterweise bereits eine Segler vom gegenüber
liegenden Schiff auf meine Vorleinen wartet.
Nach dem üblichen Aufklaren des Schiffes verhole ich mich
erst mal Richtung Hafenmeister, dessen Büro aber bereits geschlossen ist – es
ist aber auch schon wieder 19 Uhr durch.
Der Hafen hat sich gegenüber unserem letzten Besuch vor fünf Jahren hervorragend gemacht. Die gesamte Promenade ist neu angelegt mit ansprechender Bepflanzung, neuer Pflasterung, schönen Bänken und drehbaren, breiten Liegen. Und auch die Stegbeplankung hat die vor fünf Jahren bereits nötig gewordene neue Beplankung erhalten, incl. neuer Strom- und Trinkwasserversorgung.
Mittwoch/Donnerstag, 22./23. Juli 2020
Heute ist erst mal Ausschlafen angesagt, denn es soll von hier aus in einem Rutsch bis Bornholm durchgehen. Bei knapp 140 sm durch die gesamte Nacht. Die Wetteraussichten hierfür sind ideal: Wind aus West mit 4 -5 Beaufort und kein Regen. Besser kann man es kaum erwarten.
Vormittags treffe ich noch auf meine Stegnachbarn Lothar
und Gabi, die mit ihrer „Maximal“ an Steg II liegen. Das hätte man wissen
müssen, dann hätte man den Abend auch gemeinsam verbringen können.
Der überaus hilfreiche Hafenmeister druckt mir die E-Mail,
die ich als Bestätigung für die Reservierung von 6 Häfen in Dänemark benötige,
aus. Das zudem erforderliche Formular, das man sich normalerweise auch
runterladen kann, hat er sogar vorrätig.
Gegen 15 Uhr lege ich ab, Segel werden draußen auf Höhe
der grünen Ansteuerungstonne gesetzt. Schnell wird die Fock wieder gegen den
als Spinnaker geschoteten Blister getauscht, was dann zu 6 kn Fahrt führt. So
kann das meinetwegen bleiben.
Fehmarn bleibt schnell achteraus, Bordroutine setzt ein. Mal steuere ich selbst, dann auch mal wieder Gustav, mein zuverlässigster Steuermann von Raymarine. Um 20:45 passiere ich die Ansteuerungstonne von Rostock, kann aber der Versuchung, nach Warnemünde einzulaufen, widerstehen.
Langsam verschwindet die Sonne hinter dem Horizont
Kurz vor dem Dunkelwerden muss der Blister runter, denn mit dem will ich nicht in der Nacht unterwegs sein. Beim Bergen dann wieder das Malheur! Beim Fieren der Luvschot ein bisschen nachlässig und schon wickelt sich das Ding ums Vorstag. Allen Versuchen, das Ding wieder freizubekommen, widersetzt es sich heftig und erfolgreich. Als heißt es wieder mal soweit möglich runterziehen, dann Gang für Gang zurück abwickeln. Mühsam, aber auch erfolgreich. So blieb mir der Einsatz des Messers erspart! Nach 20 Minuten geht dafür die Fock wieder hoch und wird auch gleich ausgebaumt. Mit zunehmend einsetzender Dunkelheit taucht ein Leuchtturm nach dem nächsten auf, dazu die vor der Küste reichlich liegenden Leuchttonnen. Über die Kennung sind die Leuchttürme leicht zu identifizieren. Erst Darßer Ort mit seiner Gruppenkennung zwei Blitze, Pause, vier Blitze, Pause. Wiederkehr 22 Sekunden. Und schon kommt auch Leuchtturm Dornbusch auf Hiddensee in Sicht, den ich um 3:35 Uhr an meiner Steuerbordseite habe.
Am östlichen Horizont kündigt sich der Sonnenaufgang an
Und wenige Minuten später taucht sie alles in ihr goldenes Licht
Es fängt schon ganz langsam an zu dämmern. Um 5 Uhr deutet ein roter Schimmer am östlichen Horizont den Sonnenaufgang an und keine 10 Minuten später ist sie voll zu sehen und taucht das an Steuerbord aufkommende Kap Arkona in ihr goldenes Licht. Sieht ein bisschen kitschig aus, ist aber trotzdem wunderschön und lässt die wenigen Stunden der dunklen und mondlosen Nacht, während der „Motivatie“ mit 6,5 kn durch die Wellen rauschte, schnell wieder vergessen.
Auch Kap Arkona wird angestrahlt
Es ist 6:30 Uhr, als wir die rotweiße Ansteuerungstonne
nordwestlich von Kap Arkona, das sich jetzt im schönsten Sonnenlicht zeigt,
passieren. Noch ca. 45 sm bis Rönne. Abgesehen von weit entfernt dahinziehenden
Frachtern und Fähren ist kein weiteres Schiff zu sehen. Es dauert noch geraume
Zeit, bis Bornholm am Horizont auftaucht. Jetzt könnte es auch ein bisschen
schneller gehen. Die durchwachte Nacht macht sich bemerkbar. Indessen legt der
Wind noch eine Schüppe drauf und verteilt großzügig auf den Wellen kleine
Schaumkrönchen. Motivatie quittiert das mit rauschender Fahrt, die jetzt auch
wieder die 6,5 kn überschreiten und ab und an auch mal die 7 auf dem
Tridata-Instrument sehen lassen. Zum Schluss ist es wie immer: jetzt schon
Segel runter? Bei den inzwischen 1,50 m hohen Wellen wird draußen nur die Fock
geborgen, das Großsegel will ich erst im Hafen, wo ausreichend Platz vorhanden
ist, runternehmen.
Kurz vor der Hafeneinfahrt sehe ich, dass gerade Express
2, die Katamaranfähre die Ausfahrt ansteuert. Ich lasse sie mit ausreichendem
Abstand passieren. Aber hinter mir kommt auch Express 1, die die Einfahrt
ansteuert. Da muss ich nicht im Wege sein. Also noch mal schnell angeluvt, zwei
kurze Kreuzschläge seitlich der Hafeneinfahrt und dann ist sie auch schon drin.
Als ich die Hafeneinfahrt passiere, hat sich auch ihr Wendemanöver schon
beendet und steuert mit Rückwärtsfahrt ihre Liegeplatz an.
In Ruhe kann ich hier bei langsamer Fahrt gegenan das
Großsegel bergen, bringe Leinen und Fender aus und steuere den Yachthafen an
der Steuerbordseite an. Das Ding sieht ausgesprochen unattraktiv aus, nur
Betonwände und die Liegeplätze in Lee der Mole sind auch schon belegt. Auf die
Luvseite will ich aber nicht. Also wird es doch wieder der Kleinboothafen im
Süden, wo wir auch vor fünf Jahren bereits gelegen haben. Das Anlegemanöver
klappt beim zweiten Anlauf: rückwärts an die Mole, Leine Steuerbord achtern auf
einen Poller und belegen, dann Fahrt voraus mit Ruder hart Steuerbord, und
schon legt sich Motivatie an die Mole. Der Rest ist ein Kinderspiel.
"Motivatie" an ihrem Liegeplatz im Söndre Smabothavn
Nach Aufklaren des Schiffes den Hafenmeister anrufen (die
Nummer hatte ich sogar noch gespeichert!), der seinen Besuch für 19 Uhr
ankündigt. Zeit, eine Kleinigkeit zu essen und den Kopf mal auf ein Kissen
legen.
Punkt 19 Uhr erscheint er dann. Formalitäten wegen der
Einreise nach Dänemark? Bestätigungsmail? Reservierung von 6 Häfen? Es scheint,
als hätte er von Corona noch nie etwas gehört. Ich spreche ihn auch nicht drauf
an, bezahle meine 235,00 DKR plus 50,00 DKR für die Tallycard, die ich für
Strom und Sanitärgebäude benötige, und dann ist er auch schon wieder weg.
Aufgang in den Ort
Der alte Leuchtturm von Rönne - leider nicht mehr in Betrieb
Und hier noch mal ein Blick auf die "Motivatie"
Zeit für einen kleinen Rundgang durch den mir noch in guter Erinnerung gebliebenen Ort. Auf dem Marktplatz mit den diversen Rstaurants, Kneipen und Cafés herrscht reges Treiben. Maskenn? Fehlanzeige. Man soll nur nicht die Geschäfte betreten, wenn man infiziert ist und Schlangenbildung vermeiden. Man fragt sich, weshalb die dänischen Behörden einen solchen Hype wegen der Einreise machen…
Eigentlich hatte ich vor, mir im Café Gustav einen
Gustavsburger zu genehmigen, aber allein macht das nicht so recht Spaß. Also
geht es zurück zum Boot. Brot und Käse und ein Glas Wein dazu reichen mir auch.
Um 22 Uhr verlangt der Körper nach seinem Recht. Erschöpft falle ich in die
Koje und wache auch erst am nächsten Morgen gegen 8 Uhr auf, stelle fest, dass
es regnet und dreh mich noch mal rum.
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