Montag, 19. Juli 2021
In Kalmar ist es laut, stickig heiß und ohne Möglichkeit zu schwimmen, kaum zu ertragen. Kurz entschlossen machen wir uns um 3 Uhr noch auf den Weg Richtung Borgholm, wo wir nach vier Stunden – teils unter Segel, teils mit Motor – ankommen. Der Hafen ist ziemlich voll, aber wir ergattern noch eine freie Heckboje, direkt am Landende, was leider mit einer gewissen Geräuschkulisse durch die etwas aus der Spur geratenen Brücke von Land auf den Schwimmsteg, der hier wie in Schweden häufig üblich, aus Beton ist.
Wir sind aufgrund des heißen und
anstrengenden Sommerwetters einfach nur platt und genießen den Abend im Hafen.
Auf dem Steg entdecke ich zu meiner Überraschung ein bekanntes Gesicht: Wolfram Heibeck, der mit seiner „Black Maggie“ auf der Rückreise vom Midsummer Sail. Wir kennen uns mehr oder weniger vom Silverrudder, der weltgrößten Einhandsegelregatta, die regelmäßig im September rund Fünen führt. Wir treffen ihn mit seiner Frau auf dem Steg und ich muss ihm ein wenig „auf die Sprünge helfen“. Als er aber „Motivatie“ erkennt, weiß er auch gleich wieder Bescheid.
Dienstag, 20. Juli 2021
Was wäre Borgholm ohne die riesige Schlossruine und Solliden, dem Sommersitz der schwedischen königlichen Familie. Wir entschließen uns zu einem Spaziergang zum Schloss Solliden über „Estelles Promenad“, der zunächst am Wasser vorbeiführt und nachher durch den Schatten spendenden Wald. Im Kaffetorpet gönnen wir uns erst mal einen Kaffee mit einem ordentlichen Stück Kuchen (die leckeren Räksmörgaser – Krabbenbrote - sind leider schon ausverkauft).
Der bestens gepflegte Schlosspark
ist immer wieder sehenswert und beherbergt auch dieses Jahr wieder neue
Kunstgegenstände, u.a. von einem Glaskünstler. Die etwas skurril anmutenden
Exponate muss man nicht ausnahmslos schön finden, zeugen aber von einer regen
Phantasie des Künstlers.
Der Tag vergeht mit Einkaufen, Bummeln durch Borgholm, Eis essen und ansonsten nur mal auf dem Boot sitzen, weil die Hitze einfach doch zu anstrengend für irgendwelche Aktivitäten ist. Werden wir etwa alt?
Gegen 16 Uhr sind wir es satt! Wir
wollen noch los. Schnell die Leinen los und hinter der Hafenausfahrt Segel
hoch. Einfach Ruhe! Bei West um 3, ggfs. auch mal 4 Bf. geht es recht zügig
voran. Nach gut zwei Stunden liegt bereits Sandvik an Steuerbord querab. Aber
wir wollen weiter nach Byxelkrok. Auf Höhe von Blå Jungfrun dreht der Wind auf
NNW und lässt nach. Selbst ich sehe ein, dass das unter Segel nichts mehr wird.
Also her mit dem Yanmar-Wind! Zwei Stunden später sind wir im rappelvollen
Hafen von Byxelkrok. Der Hafenmeister lässt uns die Wahl: entweder an der
Tankstelle, dann aber um 8 Uhr weg oder am Fähranleger als 3. Boot im Päckchen,
dann erst um 9 Uhr weg, weil um 10 Uhr die Fähre einläuft. Wir entscheiden uns
für die 9 Uhr-Variante. Mit unserem Nachbarn von der X 482 kommen wir ins
Gespräch und erfahren von ihm, dass sie sich auf der Rückreise von der
Midsummer Sail, die sie wegen anhaltenden Windmangels und eines vorher
fixierten Termins für einen Crewwechsel haben abbrechen müssen. Nebenbei
erfahren wir, dass er auch Silverrudder-Teilnehmer war (auch 2018) und auch für
2021 gemeldet hat. Small sailor’s world!!
Mittwoch, 21. Juli 2021
Morgens um 9 Uhr erst mal der Rundblick. Sind schon Schiffe raus? Natürlich! Wir erspähen gegenüber im neuen Hafenteil eine freie Boje. Schnell hin, bevor jemand anders sie ergattert. Danach gibt es erst mal ein gescheites Frühstück.
Danach bummeln wir ein wenig durch
die Buden am Hafen, wo es sehr lebhaft ist. Von der ursprünglich deutschen Inhaberin
eines Kunstgewerbehandels hören wir, dass Byxelkrok sich ein wenig zu einem
SchickiMicki-Ort auf Öland entwickelt hat. Viele Wohnmobile, viel mehr
Motorboote als noch vor zwei Jahren, Scharen von FlipFlop-Touristen, und das
Niveau ist auch nicht mehr wie früher.
Es ist heiß und wir nutzen die fast
mittelmeerartigen Wassertemperaturen zum häufigen Baden im Hafen, was hier
problemlos möglich ist.
Donnerstag, 22. Juli 2021
Heute wollen wir weiter. Ich möchte Renate unbedingt die tolle Bucht bei Stora Vippholmen, in der es zahlreiche Möglichkeiten zum Anlegen mit dem Bug am Felsen gibt, zeigen. Der Wind ist recht schwach und komm auch noch aus S – SSW, also für uns achterlich. Schon bald wird die Fock gegen den Spi getauscht. Gegen 13 Uhr, als wir kurz vor Erreichen der Osttonne Bläckan stehen, frischt der Wind etwas auf. Da wir in die Schären ohnehin nicht unter Spi eingelaufen wären, kommt der Spi runter und stattdessen die Fock wieder hoch. Wir sind etwas tiefer gesegelt als vorgesehen und erwischen demzufolge die nördliche Zufahrt statt der südlichen. Einmal segeln wir sogar ein Stück zurück, ums uns über unsere Position im Klaren zu werden.
Dann haben wir es: rote Tonnen
Backbord, grüne an Steuerbord, am Leuchtturm vorbei, noch zwei grüne Tonnen und
dann sind wir im richtigen Fahrwasser Richtung Vippholmen.
Rechtzeitig nehmen wir die Fock
runter, um bessere Sicht zu haben, wenig später auch das Großsegel. Schon
stehen wir vor der Einfahrt. Mist, mein idealer Platz vom letzten Jahr ist
besetzt. Statt mal auf Karte oder iPad zu gucken, versuchen wir nur, einen
passenden Anlegeplatz zu finden. Plötzlich rummst es fürchterlich! Wir stehen
von jetzt auf gleich und knallen beide vor den Sprayhoodbügel. Das gibt wieder
blaue Flecken, bei Renate ist jetzt schon ein Veilchen im Entstehen. Was war
passiert? Vor lauter Guckerei haben wir den Unterwasserfelsen auf der Steuerbordseite
der Einfahrt übersehen. Was lehrt uns das? Besser aufpassen und insbesondere
noch langsamer und vorsichtiger in den Schären fahren, wenn man die betonnten
Fahrwasser verlässt. Am Schiff sind keine Beschädigungen zu erkennen. Vermutlich
nur Kratzer am Kiel, die man im Herbst ausbessern muss.
Dafür klappt das Anlegemanöver mit
Bug am Felsen wieder bestens. Erst mal hinfahren und gucken, ob unter Wasser
keine Hindernisse im Weg sind, dann noch mal zurück, Heckanker runter und
vorsichtig wieder nach vorne. Freundliche schwedische Segler nehmen unsere
Vorleinen – die müssen dann immer besonders lang sein – entgegen. Hier sind
keine Ringe oder Felshaken zu sehen, so dass unsere Schärenhaken zum Einsatz
kommen. Hierbei handelt es sich um einfache, verzinkte Flacheisen mit einem
Ring, die mit dem Hammer in eine Felsspalte getrieben werden und im Prinzip
durch Verkanten schon halten.
Danach geht es erst mal ins Wasser
zur Abkühlung. Immer wieder herrlich, in dieser tollen Umgebung vom Schiff aus
schwimmen gehen zu können. Da braucht man noch nicht mal mehr eine Dusche.
Freitag, 22. Juli 2021
Auch am nächsten Morgen geht es erst mal ins Wasser. Leider hat der Wind gedreht und weht jetzt von Steuerbord achtern. Der Heckanker hat offensichtlich keinen richtigen Halt mehr und drückt das Boot immer mal wieder mit dem Bug gegen den Felsen. Da hilft alles nichts, wir müssen mal eben los machen, den Heckanker hoch holen, weiter zurück fahren und den Anker mit deutlich mehr Leine bzw. Gurt fallen lassen.
Trotzdem verlassen wir unsere Schäre
schon um 9 Uhr, navigieren vorsichtig unter Motor und ganz langsam durch die
Ausfahrt und setzen erst weiter draußen Segel. Es weht anfangs recht schwach
aus Nord. Wir ziehen mit knapp 5 kn an den unter Wasser lauernden Felsen
vorbei, die allerdings gut betonnt sind. Da es inzwischen ganz gut läuft und
der Wind etwas aufgefrischt hat, können wir mit ausgebaumter Fock vor dem Wind
deutlich über 6 kn Fahrt erreichen. Also entschließen wir uns, statt wieder
zurück nach Byxelkrok zu fahren, das weiter südlich auf Öland liegende Borgholm
wieder anzulaufen. Wir segeln ziemlich dicht an Blå Jungfrun vorbei. Es ist
erstaunlich, dass hier der Felsen aus rötlichem Granit besteht, während Öland
ganz überwiegend von grauem Muschelkalk geprägt ist. Hier müssen zu Urzeiten
gewaltige Kräfte am Werk gewesen sein.
Das Segeln vorm Wind macht zunehmend mehr Spaß, zeitweise surfen wir mit über 7 kn die Wellen hinunter. Man könnte jetzt noch so weitersegeln, aber wir wollen nach Borgholm, wo Renate morgen ihren Geburtstag feiern will.
Nach gut 7 ½ Stunden und 42 sm
liegen wir im Hafen von Borgholm an einer der letzten freien Bojen mit freier
Aussicht auf den Kalmarsund an.
Hans, das hört sich alles nach einem wieder dicken Fotoalbum an. Sehr schön! 👍🏻
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