Mittwoch, 4. August 2021

Nördicher Kalmarsund rauf und runter

 

Montag, 19. Juli 2021

In Kalmar ist es laut, stickig heiß und ohne Möglichkeit zu schwimmen, kaum zu ertragen. Kurz entschlossen machen wir uns um 3 Uhr noch auf den Weg Richtung Borgholm, wo wir nach vier Stunden – teils unter Segel, teils mit Motor – ankommen. Der Hafen ist ziemlich voll, aber wir ergattern noch eine freie Heckboje, direkt am Landende, was leider mit einer gewissen Geräuschkulisse durch die etwas aus der Spur geratenen Brücke von Land auf den Schwimmsteg, der hier wie in Schweden häufig üblich, aus Beton ist.

Wir sind aufgrund des heißen und anstrengenden Sommerwetters einfach nur platt und genießen den Abend im Hafen.

Auf dem Steg entdecke ich zu meiner Überraschung ein bekanntes Gesicht: Wolfram Heibeck, der mit seiner „Black Maggie“ auf der Rückreise vom Midsummer Sail. Wir kennen uns mehr oder weniger vom Silverrudder, der weltgrößten Einhandsegelregatta, die regelmäßig im September rund Fünen führt. Wir treffen ihn mit seiner Frau auf dem Steg und ich muss ihm ein wenig „auf die Sprünge helfen“. Als er aber „Motivatie“ erkennt, weiß er auch gleich wieder Bescheid.





Black Maggie im Hafen von Borgholm


Dienstag, 20. Juli 2021

Was wäre Borgholm ohne die riesige Schlossruine und Solliden, dem Sommersitz der schwedischen königlichen Familie. Wir entschließen uns zu einem Spaziergang zum Schloss Solliden über „Estelles Promenad“, der zunächst am Wasser vorbeiführt und nachher durch den Schatten spendenden Wald. Im Kaffetorpet gönnen wir uns erst mal einen Kaffee mit einem ordentlichen Stück Kuchen (die leckeren Räksmörgaser – Krabbenbrote - sind leider schon ausverkauft).

Der bestens gepflegte Schlosspark ist immer wieder sehenswert und beherbergt auch dieses Jahr wieder neue Kunstgegenstände, u.a. von einem Glaskünstler. Die etwas skurril anmutenden Exponate muss man nicht ausnahmslos schön finden, zeugen aber von einer regen Phantasie des Künstlers.

 







Der Tag vergeht mit Einkaufen, Bummeln durch Borgholm, Eis essen und ansonsten nur mal auf dem Boot sitzen, weil die Hitze einfach doch zu anstrengend für irgendwelche Aktivitäten ist. Werden wir etwa alt?

Gegen 16 Uhr sind wir es satt! Wir wollen noch los. Schnell die Leinen los und hinter der Hafenausfahrt Segel hoch. Einfach Ruhe! Bei West um 3, ggfs. auch mal 4 Bf. geht es recht zügig voran. Nach gut zwei Stunden liegt bereits Sandvik an Steuerbord querab. Aber wir wollen weiter nach Byxelkrok. Auf Höhe von Blå Jungfrun dreht der Wind auf NNW und lässt nach. Selbst ich sehe ein, dass das unter Segel nichts mehr wird. Also her mit dem Yanmar-Wind! Zwei Stunden später sind wir im rappelvollen Hafen von Byxelkrok. Der Hafenmeister lässt uns die Wahl: entweder an der Tankstelle, dann aber um 8 Uhr weg oder am Fähranleger als 3. Boot im Päckchen, dann erst um 9 Uhr weg, weil um 10 Uhr die Fähre einläuft. Wir entscheiden uns für die 9 Uhr-Variante. Mit unserem Nachbarn von der X 482 kommen wir ins Gespräch und erfahren von ihm, dass sie sich auf der Rückreise von der Midsummer Sail, die sie wegen anhaltenden Windmangels und eines vorher fixierten Termins für einen Crewwechsel haben abbrechen müssen. Nebenbei erfahren wir, dass er auch Silverrudder-Teilnehmer war (auch 2018) und auch für 2021 gemeldet hat. Small sailor’s world!!

 

Mittwoch, 21. Juli 2021

Morgens um 9 Uhr erst mal der Rundblick. Sind schon Schiffe raus? Natürlich! Wir erspähen gegenüber im neuen Hafenteil eine freie Boje. Schnell hin, bevor jemand anders sie ergattert. Danach gibt es erst mal ein gescheites Frühstück.

Danach bummeln wir ein wenig durch die Buden am Hafen, wo es sehr lebhaft ist. Von der ursprünglich deutschen Inhaberin eines Kunstgewerbehandels hören wir, dass Byxelkrok sich ein wenig zu einem SchickiMicki-Ort auf Öland entwickelt hat. Viele Wohnmobile, viel mehr Motorboote als noch vor zwei Jahren, Scharen von FlipFlop-Touristen, und das Niveau ist auch nicht mehr wie früher.

Es ist heiß und wir nutzen die fast mittelmeerartigen Wassertemperaturen zum häufigen Baden im Hafen, was hier problemlos möglich ist.

 


Abendstimmung im Hafen von Byxelkrok

Donnerstag, 22. Juli 2021

Heute wollen wir weiter. Ich möchte Renate unbedingt die tolle Bucht bei Stora Vippholmen, in der es zahlreiche Möglichkeiten zum Anlegen mit dem Bug am Felsen gibt, zeigen. Der Wind ist recht schwach und komm auch noch aus S – SSW, also für uns achterlich. Schon bald wird die Fock gegen den Spi getauscht. Gegen 13 Uhr, als wir kurz vor Erreichen der Osttonne Bläckan stehen, frischt der Wind etwas auf. Da wir in die Schären ohnehin nicht unter Spi eingelaufen wären, kommt der Spi runter und stattdessen die Fock wieder hoch. Wir sind etwas tiefer gesegelt als vorgesehen und erwischen demzufolge die nördliche Zufahrt statt der südlichen. Einmal segeln wir sogar ein Stück zurück, ums uns über unsere Position im Klaren zu werden.

Dann haben wir es: rote Tonnen Backbord, grüne an Steuerbord, am Leuchtturm vorbei, noch zwei grüne Tonnen und dann sind wir im richtigen Fahrwasser Richtung Vippholmen.

Rechtzeitig nehmen wir die Fock runter, um bessere Sicht zu haben, wenig später auch das Großsegel. Schon stehen wir vor der Einfahrt. Mist, mein idealer Platz vom letzten Jahr ist besetzt. Statt mal auf Karte oder iPad zu gucken, versuchen wir nur, einen passenden Anlegeplatz zu finden. Plötzlich rummst es fürchterlich! Wir stehen von jetzt auf gleich und knallen beide vor den Sprayhoodbügel. Das gibt wieder blaue Flecken, bei Renate ist jetzt schon ein Veilchen im Entstehen. Was war passiert? Vor lauter Guckerei haben wir den Unterwasserfelsen auf der Steuerbordseite der Einfahrt übersehen. Was lehrt uns das? Besser aufpassen und insbesondere noch langsamer und vorsichtiger in den Schären fahren, wenn man die betonnten Fahrwasser verlässt. Am Schiff sind keine Beschädigungen zu erkennen. Vermutlich nur Kratzer am Kiel, die man im Herbst ausbessern muss.

Dafür klappt das Anlegemanöver mit Bug am Felsen wieder bestens. Erst mal hinfahren und gucken, ob unter Wasser keine Hindernisse im Weg sind, dann noch mal zurück, Heckanker runter und vorsichtig wieder nach vorne. Freundliche schwedische Segler nehmen unsere Vorleinen – die müssen dann immer besonders lang sein – entgegen. Hier sind keine Ringe oder Felshaken zu sehen, so dass unsere Schärenhaken zum Einsatz kommen. Hierbei handelt es sich um einfache, verzinkte Flacheisen mit einem Ring, die mit dem Hammer in eine Felsspalte getrieben werden und im Prinzip durch Verkanten schon halten.





Danach geht es erst mal ins Wasser zur Abkühlung. Immer wieder herrlich, in dieser tollen Umgebung vom Schiff aus schwimmen gehen zu können. Da braucht man noch nicht mal mehr eine Dusche.

 

Freitag, 22. Juli 2021

Auch am nächsten Morgen geht es erst mal ins Wasser. Leider hat der Wind gedreht und weht jetzt von Steuerbord achtern. Der Heckanker hat offensichtlich keinen richtigen Halt mehr und drückt das Boot immer mal wieder mit dem Bug gegen den Felsen. Da hilft alles nichts, wir müssen mal eben los machen, den Heckanker hoch holen, weiter zurück fahren und den Anker mit deutlich mehr Leine bzw. Gurt fallen lassen.

Trotzdem verlassen wir unsere Schäre schon um 9 Uhr, navigieren vorsichtig unter Motor und ganz langsam durch die Ausfahrt und setzen erst weiter draußen Segel. Es weht anfangs recht schwach aus Nord. Wir ziehen mit knapp 5 kn an den unter Wasser lauernden Felsen vorbei, die allerdings gut betonnt sind. Da es inzwischen ganz gut läuft und der Wind etwas aufgefrischt hat, können wir mit ausgebaumter Fock vor dem Wind deutlich über 6 kn Fahrt erreichen. Also entschließen wir uns, statt wieder zurück nach Byxelkrok zu fahren, das weiter südlich auf Öland liegende Borgholm wieder anzulaufen. Wir segeln ziemlich dicht an Blå Jungfrun vorbei. Es ist erstaunlich, dass hier der Felsen aus rötlichem Granit besteht, während Öland ganz überwiegend von grauem Muschelkalk geprägt ist. Hier müssen zu Urzeiten gewaltige Kräfte am Werk gewesen sein.







Das Segeln vorm Wind macht zunehmend mehr Spaß, zeitweise surfen wir mit über 7 kn die Wellen hinunter. Man könnte jetzt noch so weitersegeln, aber wir wollen nach Borgholm, wo Renate morgen ihren Geburtstag feiern will.

Nach gut 7 ½ Stunden und 42 sm liegen wir im Hafen von Borgholm an einer der letzten freien Bojen mit freier Aussicht auf den Kalmarsund an.


1 Kommentar:

  1. Hans, das hört sich alles nach einem wieder dicken Fotoalbum an. Sehr schön! 👍🏻

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